Ein Schritt weiter ins Abseits
Überraschend ist es nicht gekommen, das kategorische „Nein“ der Vatikanischen Glaubenskongregation zur Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften. Dennoch schlug die Erklärung der obersten Glaubenshüter am Montag ein wie eine Bombe. Der Eindruck entsteht, der Vatikan versuche Stück für Stück dem Synodalen Weg in Deutschland jegliche Bewegungsmöglichkeit zu nehmen. Dabei setzt Rom nicht auf Dialog, sondern stellt in selbstherrlicher Art und Weise fest, was zu gelten hat. Dass man damit den Papst, der immer Wert legt auf Dialog und Begegnung, am Ende beschädigt, nehmen die Kurialen in Kauf. Dabei ist zunächst nebensächlich, ob er die Inhalte teilt oder nicht. Wenn Franziskus immer wieder fordert, es brauche eine neue Kultur des Dialogs, dann passt das Vorgehen seiner Behörden nicht dazu.
Botschaft an Deutschland?
Im vergangenen Sommer das Papier der Kleruskongregation zur besonderen Stellung der Pfarrer und der Absage an partizipative Leitungsmodelle in den Gemeinden, jetzt die Erklärung der Glaubenskongregation zur Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften – bei beiden Dokumenten geht es um Themen, die auch den Synodalen Weg in Deutschland betreffen. Nun wird in Rom immer wieder betont, Deutschland sei nicht der Nabel der Welt. Doch sieht man die nervösen Reaktionen im Vatikan, kann man den Eindruck bekommen, der Vatikan selbst hält die Vorgänge in Deutschland für so wichtig, dass man schwere Geschütze auffahren und Debatten bereits im Keim ersticken muss. Viele internationale Journalistenkollegen deuten die Verlautbarung der Glaubenskongregation heute als Reaktion auf die aktuellen Debatten in Deutschland. Allerdings schwelt auch in den USA seit Jahren eine Diskussion zum Thema. Auch dort ersehnten Konservative seit langer Zeit ein Machtwort aus der römischen Zentrale.
Gott segnet zwar den Sünder, aber nicht die Sünde, könnte man die Position der Glaubenskongregation kurz zusammenfassen. Die Behörde führt die traditionellen Positionen der katholischen Lehre zum Thema an. Um etwas segnen zu können, „müsse die zu segnende Wirklichkeit objektiv und positiv darauf hingeordnet [sein], die Gnade zu empfangen und auszudrücken, und zwar im Dienst der Pläne Gottes, die in die Schöpfung eingeschrieben und von Christus dem Herrn vollständig offenbart sind“. Das „Vorhandensein positiver Elemente“, die „zu schätzen und hervorzuheben“ seien, reiche nicht aus für eine Segnung, „weil diese Elemente im Dienst einer Verbindung stehen, die nicht auf den Plan des Schöpfers hingeordnet ist“. Im Kommentar zur Erklärung wird einmal mehr der Katechmismus mit seinen für Betroffene verletztenden Worte zitiert, wonach Menschen „mit homosexuellen Tendenzen mit Achtung, Mitleid und Takt zu begegnen“ sei. „Man hüte sich, sie in irgendweiner Weise ungerecht zurückzusetzen.“
Bätzing: „Nicht glücklich“
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, bezeichnete den Zeitpunkt der Vatikanerklärung gegenüber der Katholischen Nachrichtenagentur als „nicht glücklich“. „Das erweckt den Eindruck, man wolle die in verschiedenen Teilen der Weltkirche, auch bei uns in Deutschland derzeit streitig geführte theologische Auseinandersetzung möglichst schnell beenden“, sagte der Limburger Bischof. „Das ist aber gar nicht möglich. Denn die Diskussion wird an vielen Orten intensiv und mit guten Argumenten geführt, und die theologischen Anfragen an die heutige pastorale Praxis können nicht einfach mit einem Machtwort aus der Welt geschafft werden.“ Bätzing machte deutlich, dass im Rahmen des Synodalen Wegs weiter über das Thema – und auch die Vatikanerklärung – diskutiert werden wird.
Der Passauer Bischof Stefan Oster würdigte die Klarstellung der Glaubenskongregation, weil das Thema gerade in Deutschland und weltweit intensiv diskutiert werde und zur Polarisierung geführt habe. „Daher bin ich dankbar für diese Äußerung des Lehramtes und verbinde damit die Hoffnung, dass sie Orientierung gibt und damit auch größere Einmütigkeit befördert.“ Einmütigkeit lässt sich mit Basta-Rhetorik nur schwer erreichen. Es ist ein Denkfehler derer, die gerne über die Bande Rom spielen, dass ein Machtwort von dort in der Lage wäre, Diskussionen zu beenden. Wenn die Kraft der Argumente nicht überzeugt, hat der Absender ein Problem. In dem vorliegenden Fall, wie auch bei vielen anderen Themen überzeugen die Argumente Roms längst nicht mehr.
Zwischenüberschrift, aber kein Schlusspunkt
Auf die Debatten und Enzwicklungen in der Theologie und Pastoral zum Thema geht die Erklärung nur am Rande ein. Stattdessen zeigt sich ein Verständnis von Ehe, dass sich einmal mehr stark auf die Sexualität und die Offenheit für Nachkommenschaft fixiert. Die Diskussion ist aber angestoßen durch Impulse des II. Vatikanischen Konzils längst weiter. Doch das ficht die obersten Glaubenshüter nicht an. Die Debatte bei der ersten Familiensynode im Herbst 2014 hätte eigentlich nahegelegt, sich eingehender mit dem Thema „Homosexualität“ zu befassen. Damals gab es, wenn auch nur am Rande, kontroverse Debatten dazu. Am Ende blieb in der Abschlusserklärung kaum mehr als ein Zitat aus dem Katechismus. Der Abschnitt erhielt wenig Zustimmung, weil er den einen Synodenvätern noch zu weit ging, vielen anderen aber nicht weit genug. Anstatt sich intensiver mit dem Thema zu beschäftigen, produziert die Vatikanbehörde nun das vorliegende Papier. Wie aus dem Umfeld der Glaubenskongregation zu hören war, wurde das Papier nicht mit den Mitgliedern der Kongregation diskutiert. Wie schon die Erklärung der Kleruskongregation im letzten Sommer war nur ein kleiner interner Kreis am Entstehungsprozess beteiligt.
Der Vatikan verbleibt so in absolutistischem Gebaren, da kann der Papst lange und oft von Synodalität und Dialogkultur sprechen. Am Ende trägt er die Verantwortung, denn auch das vorliegende Papier, wie das vom vergangenen Sommer, wurde von ihm „gutgeheißen“. Mit Erklärungen wie der aktuellen, begibt sich die katholische Kirche einen Schritt weiter ins Abseits. Interessant ist, dass selbst Bischöfe die Basta-Politik des Vatikans nicht akzeptieren wollen. Das Papier heute bedeutet in der Causa wohl weniger einen Schlusspunkt, sondern es dürfte eher eine Zwischenüberschrift sein.
8 Kommentare
Nun, wenn gleichgeschlechtliche Paare meinen, nicht ohne den kirchlichen Segen auskommen zu können, darf man wohl fragen, was ihnen mehr wert ist: die Meinung einiger gestriger, meist alter Männer, oder ihr/e Partner/in ? Abgesehen davon, dass die Institution Amtskirche sich seit langem nicht nur grosser Vorwürfe sondern realen Fällen des Missbrauchs, der Päderastie und Homosexualität in ihren Reihen ausgesetzt sieht, die sie offenbar nicht aufzuarbeiten fähig- bzw. willens ist. Der Begriff „Glashaus“ drängt sich geradezu auf…
WER WIND SÄT, WIRD STURM ERNTEN
Rom täte gut daran, sich des Deutschlands des 16. Jahrhunderts zu erinnern. Luther wollte eigentlich nichts anderes, als die Kirche wieder auf den rechten Weg zu führen. Das hätte die Abkehr von der Praxis bedeutet, sich an den einfachen Gläubigen zu bereichern, und die Rückbesinnung auf den genuinen Anspruch der römisch-katholischen Kirche, dem Heil der Seelen zu dienen.
500 Jahre nach Luther verharrt der Vatikan im römischen Absolutismus des 19. Jahrhunderts und fühlt sich durch das Kirchenrecht legitimiert: KANON 212 § 1 „Was die geistlichen Hirten in Stellvertretung Christi … als Leiter der Kirche bestimmen, haben die Gläubigen im Bewusstsein ihrer eigenen Verantwortung in christlichem Gehorsam zu befolgen.“
Nur, die Zeiten des Kadavergehorsams sind vorbei, und der moderne Katholik weigert sich, die Rolle des dem Hirten bedingungslos ergebenen Schafes einzunehmen.
Rom täte auch gut daran, genau mitzuverfolgen, was sich derzeit im Erzbistum Köln abspielt. Die Woelki’sche Aufarbeitungssimulation der Verbrechen von Klerikern an Kindern und Jugendlichen und der Mittäterschaft von Kirchenoberen durch Vertuschung haben bei vielen Gläubigen das Fass zum Überlaufen gebracht und sie veranlasst aus der Kirche auszutreten.
Nicht wenige Katholik:innen weigern sich zu gehen und setzen sich für eine Jesus-gemäßere Kirche ein, die aufhört, Frauen und Homosexuelle zu diskriminieren, und die als geschwisterliche und partizipative Kirche die klerikalistische Hierarchie obsolet macht und die Dichotomie von Kleriker und Laie und von oben und unten überwindet.
Die Voraussetzung von Luthers Wirkmacht war der Buchdruck, den unausweichlichen Umbruch der katholischen Kirche wird das Internet mitbewerkstelligen. Konnte die Glaubenskongregation noch unter Josef Ratzinger reihenweise unbotmäßige Priester und Theologen weitgehend abseits der Öffentlichkeit sanktionieren, reichte es kürzlich aus, dass der Dormagener Pfarrer und Woelki-Kritiker Klaus Koltermann seinen Fall über das Internet öffentlich machte, worauf sich das Erzbistum Köln gezwungen sah, von angedrohten dienstrechtlichen Konsequenzen Abstand zu nehmen. Ein anderes Beispiel ist Maria 2.0. Vor nicht allzu langer Zeit hätte die Ankündigung des Vatikans, die Reformbewegung unter Beobachtung zu stellen, vielleicht noch Eindruck gemacht, jetzt erklärte eine Mitgründerin, dass sie das als Ritterschlag empfinde.
Die Kurie fährt derzeit eine Machtstrategie, bei der sie nur verlieren kann.
Erasmus 16. 03. 10:14
– Jede/r, der meint bleiben zu müssen weil er/sie der Überzeugung ist, dass eine Veränderung nur von innen heraus durch das gläubige Fussvolk selbst bewirkt werden muss und gelingen kann, hat meinen Respekt.
Ich habe immer größere Zweifel, ob der Hinweis der Verfasser aus den verschiedenen Funktionsbereichen zu den von Ihnen publizierten „Vorgaben“, der Pabst habe diesen „Ausführungen“ zugestimmt, überhaupt so direkt stimmen.
Hier, so meine ich, arbeiten „Klüngel“ die Änderungen grundsätzlich verhindern wollen. Und dies mit alle Mitteln und Wegen. Nach dem Motto, was mal von vatik. Seite veröffentlicht ist, wird selten, wenn nicht sogar nie korrigiert.
Mal sehen/hören, ob sich der Pabst in den kommenden Tagen oder Wochen mal zu diesem und anderen kontroversen Themen äußert und ob dann seine Aussage zu der Aussage der Verfasser paßt.
Ich traue Franziskus zu, dass es ihm irgendwann zuviel wird und er dann Entscheidungen trifft, die diesem Klüngel nicht gefallen, aber er sich damit Freiheiten schafft. Dabei denke ich z. B. an die Beendigung der Zusammenarbeit mit Kardinal Müller in der Glaubenskongregation. Damals habe ich auch nicht verstanden, dass Müllers Stellvertreter die Leitung übertragen wurde. Dieser war doch jahrelang – wenn nicht sogar bereits in der Zeit als Herr Ratzinger noch Leiter der Glaubenskongregation war – dort tätig und damit sehr stark in der Denkweise Ratzinger/Müller vorgeprägt.
mei, die glaubenskongregation hat vor 100 jahren auch anderen unsinn von sich gegeben wie die autorschaft der ganzen torah liege bei mose. vor hundert jahren hat man waffen gesegnet… „Was früheren Generationen heilig war, bleibt auch uns heilig und groß“ – mit der begründung könnte man das auch heute. wer ohne wimpernzucken waffen segnete, kann auch lesben und schwule heiraten lassen.
da machen sich nur alte schwule männer unglaubwürdig.
Achje, das ist nicht mal einen Sturm im Wasserglas wert. Sag ich als Schwuler. Schaut doch den Vatikan hat: Siebzig Prozent schwule Pfaffen, die meisten brechen den Zölibat. Glaubt doch nicht, dass jedes x-beliebige Dokument aus der GK so wichtig ist. Wie sagte der Papst zu von Kardinal Müller gemaßregelten Nonnen: Lest die Maßregelung – und macht weiter.
Tja, verehrter Novalis! Hätte ich das geschrieben, wären Sie wahrscheinlich wieder mit Ihrer Erbsenzählerei gekommen. Sie hätten mir erklärt, dass „Zölibat“ Ehelosigkeit (aus vorwiegend religiösen Gründen) bedeutet, weshalb keiner der „schwulen Pfaffen“ den Zölibat bricht, weil ja keiner von ihnen heiratet, sondern nur außerehelichen Sex hat. Und dann hätten Sie geschrieben, dass ich besser den Mund halten solle, weil ich ja nicht Theologie studiert habe und deshalb von diesen Dingen nichts verstehe.
PS: Sie haben sicher eine verlässliche Quelle für die von Ihnen angegebenen 70%. Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie diese hier angeben würden, damit man auch überprüfen kann, ob das nicht nur eine willkürliche Behauptung (Wunschdenken?) von Ihnen ist.
Die „Glaubenskongretation2 ist erst unlängst durch Drogen- und Sexpartys in ihrer unmittelmaren räumlichen Nähe aufgefallen. Sogar noch unter deren hardliner Müller (Seineszeichen: 1000ende Euro in Schreibtischen verwahrt). Also was kümmert deren Geschwätz…
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