Papst nominiert 13 neue Kardinäle
Am 28. November will Papst Franziskus im Vatikan ein Konsistorium zur Kreierung neuer Kardinäle abhalten. Das gab er heute beim Angelus bekannt. Neun Kandidaten sind unter 80 und damit künftig bei einem Konklave wahlberechtigt. Dazu gehören die Erzbischöfe von Kigali, Washington, Capiz/Philippinen, Santiago de Chile und Siena sowie der Apostolische Vikar von Brunei und der Guardian des Franziskanerkonvents in Assisi. Vier neue Kardinäle haben das magische Alter bereits überschritten und bekommen den Titel sozusagen ehrenhalber. Darunter auch der Päpstliche Hausprediger Raniero Cantalamessa. Italien ist einmal mehr stark vertreten.
Italiens Vormacht ungebrochen
Die Italiener bleiben eine starke Macht im Kardinalskollegium. Mit dem neuen Präfekten der Heiligsprechungskongregation, Marcello Semeraro, dem Erzbischof von Siena, Augusto Paolo Lojudice, und dem Guardian des Franziskanerkonvents in Assisi, Mauro Gambetti, sind drei der neun Wahlkardinäle aus Italien. Bisher kommen 19 der 49 Europäer aus Italien (39%). Nach dem kommenden Konsistorium sind es 23 der dann 54 Europäer (43%). Der Einfluss der Italiener nimmt also wieder zu. Auch an der Kurie ist er ungebrochen. Das passt nicht zu einer Institution, die allein von den Mitgliederzahlen her längst keine europäische, geschweige denn italienische Institution mehr ist.
Der Erzbischof von Washington, Wilton D. Gregory (72), löst seinen Vorgänger im Amt als Oberhirte der US-Hauptstadt, Donald Wuerl, im Kreis der Wahlkardinäle ab. Wuerl wird am 12. November 80 und verliert somit das aktive Wahlrecht. Gregory ist der erste Afroamerikaner, der in das Kardinalskollegium aufgenommen wird. Ruanda bekommt mit dem Erzbischof von Kigali, Antoine Kambanda, zum ersten Mal einen Kardinal. Kambanda ist seit 2018 Erzbischof der Hauptstadt. Den Völkermord 1994 hat er aus nächster Nähe miterlebt, bis auf einen Bruder starb die ganze Familie. In der Vergangenheit äußerte ich der 61-Jährige stets differenziert über die Rolle der Kirche in dem Konflikt.
Rückendeckung auf den Philippinen und in Chile
Mit dem Erzbischof von Capiz, Jose F. Advincula, stärkt Franziskus die katholische Kirche auf den Philippinen. Der 68-Jährige ist nach der Kreierung aktuell der einzig residierende Kardinal auf den Philippinen. Seit Papst Franziskus im Dezember 2019 den Erzbischof von Manila, Kardinal Luis Antonio Tagle zum Chef der Missionskongregation im Vatikan ernannte, ist das Hauptstadtbistum vakant. Advincula, der sich wie Papst Franziskus stark für die Interessen der Indigenen einsetzt, könnte nach neun Jahren im Erzbistum Capiz im Zentrum des Landes demnächst nach Manila wechseln.
Der Kapuziner Celestina Aós Braco (75) trat Ende Dezember 2019 als neuer Erzbischof von Santiago de Chile einen schweren Posten an. Seine beiden Vorgänger im Amt, die Kardinäle Ricardo Ezzati und Francisco Errazuriz Ossa, sehen sich schweren Vorwürfen im Kontext des Missbrauchsskandals in der Kirche Chiles konfrontiert. Massive Vertuschungsvorwürfe stehen im Raum. Aós Braco soll aufräumen und neues Vertrauen für die katholische Kirche bei den Menschen des südamerikanischen Landes gewinnen. Cornelius Sim (69), der in seinem „ersten Leben“ Erdölingenieur war, und erst mit 38 Jahren zum Priester geweiht wurde, leitet seit 2004 die Geschicke der kleinen katholischen Gemeinde im Sultanat Brunei. Knapp fünf Prozent der Einwohner, also rund 22.000, sind katholisch. 75 Prozent sind Muslime.
Das Erbe des heiligen Franz im Kardinalskollegium
Der Erzbischof von Siena zählt sicherlich nicht zu den „Pflichtanwärtern“ auf einen Sitz im Senat des Papstes. Doch Augusto Paolo Lojudice kümmerte sich schon in seiner Zeit als Weihbischof in Rom besonders um die Belange derer, die am Rande der Gesellschaft stehen. In der italienischen Bischofskonferenz leitet der 56-Jährige die Migrationskommission. Sein Kardinalshut ist damit auch ein politisches Signal. Eine gute Autostunde entfernt lebt der Franziskanerpater Mauro Gambetti, der Guardian des Konvents in Assisi, dem Mutterkloster des Ordens. Mit ihm, dem 54-Jährigen, zementiert Papst Franziskus die Gedanken und Anliegen seines Namensgebers im Kardinalskollegium, die er zuletzt in seiner Enzyklika „Fratelli tutti“ versuchte zu formulieren und in die DNA der katholischen Kirche zu implementieren.
Mario Grech, Malteser und Sekretär der Bischofssynode, kommt in den nächsten Jahren eine wichtige Rolle zu. Die nächste ordentliche Bischofssynode im Oktober 2022 soll sich mit der „Synodalität“ beschäftigen. Hier geht es um die Grundverfasstheit der Kirche und ein höchst umstrittenes Thema, wie die Debatten um den Synodalen Weg in Deutschland aber auch das ständige Tauziehen zwischen Rom und den Ortskirchen um die Deutungshoheit in bestimmten Fragen zeigen. Als Sekretär der Bischofssynode gibt der 63-Jährige die Richtung und den Ton vor.
Dass der Italiener Marcello Semeraro Kardinal wird, war spätestens seit seiner Ernennung zum Nachfolger des gefeuerten Kardinals Becciu als Präfekt der Heiligsprechungskongregation vor wenigen Tagen klar. Zuvor schon betraute Franziskus Semeraro mit wichtigen Aufgaben. Im April 2013 ernannte der Papst ihn zum Sekretär des Kardinalsrats. In dieser Funktion hält der 73-Jährige, neben dem Moderator des Gremiums, Kardinal Oscar Rodriguéz Maradiaga, die Fäden in der Hand und genießt das Vertrauen des Pontifex.
Vier neue Kardinäle über 80
Schließlich noch die vier Kardinalshüte ehrenhalber: Neben dem Päpstlichen Hausprediger, Kapuzinerpater Raniero Cantalamessa (86), ist das der Pfarrer des Marienheiligtums von Divino Amore, Enrico Feroci, vor den Toren Roms. Allerdings dürfte der 80-Jährige vor allem wegen seiner langjährigen Tätigkeit als Chef der Caritas Roms geehrt werden. Auch diese Ernennung ein klares Signal des Papstes. Dasselbe gilt für Erzbischof Silvano M. Tomasi. Der ehemalige Nuntius vertrat den Heiligen Stuhl unter anderem bei der Afrikanischen Union und UN-Organisationen in Genf. Das Thema Migration liegt ihm seit seiner Zeit als Sekretär im Päpstlichen Migrantenrat (1989-1996) dabei besonders am Herzen. Schließlich der ehemalige Erzbischof von San Cristobal de Las Casas in Mexiko, Felipe Arizmendi Esquivel. Der 80-Jährige setzt sich unter anderem stark für die Belange der Indigenen ein.
Interessant wird, wie das Konsistorium am 28. November angesichts der Corona-Situation gestaltet wird. Auch in Italien steigen die Infektionszahlen rasant. Ob alle neuen Kardinäle werden anreisen können, ist unklar. Fest steht, am 1. Advent wird es nach aktuellem Stand 232 Kardinäle geben, davon sind 128 wahlberechtigt in einem Konklave. 53 kommen dann aus Europa (41%), 16 (13%) aus Nordamerika, sieben aus Zentralamerika (5%), 14 aus Südamerika (11%), 18 aus Afrika (14%), 16 aus Asien (13%) und vier aus Ozeanien (3%).
Doch keine neuen Köpfe an der Kurie?
Mit den neuen Ernennungen geht Franziskus durchaus wieder „an die Ränder“ mit Brunei und Ruanda. Doch kommt er nur langsam voran, wenn es um die Frage einer adäquaten Verteilung der Kardinalssitze gemäß der Verteilung der Katholiken geht. Zudem stellt sich die Frage, ob mit der Benennung für das Konsistorium 2020 die Tür zu ist für den längst fälligen Austausch von Chefs an der Römischen Kurie. Im Sommer noch war zu hören, dass die Kurienreform nun endlich im Herbst kommen solle und damit verbunden ein Austausch an der Spitze vieler Dikasterien. Kardinal Beniamino Stelle, Chef der Kleruskongregation und Verfasser der „Pfarrer-Instruktion“, die im Sommer für Wirbel sorgte, ist bereits 79, Kardinal Gianfranco Ravasi, Präsident des Kulturrats, ist 78, Bildungsminister Giuseppe Versaldi ist 77, der Chef der Bischofskongregation, Kardinal Marc Ouellet, ist 76 und der Chef der Liturgiekongregation, Kardinal Robert Sarah wurde im Sommer 75 Jahre alt. Der Chef der Ostkirchenkongregation, Kardinal Leonardo Sandri wird in wenigen Wochen 77 Jahre alt. Wenn Franziskus neue Kurienchefs benennt, müssten die nun erst einmal auf den Kardinalspurpur warten. Es sei denn, er bedient sich aus dem Pool der Kardinäle. Oder aber er macht ernst damit, dass Kurienchefs nicht automatisch auch ins Kardinalskollegium aufgenommen werden. Die Benennung des neuen Präfekten der Heiligsprechungskongregation Semeraro heute deutet allerdings nicht darauf hin.
11 Kommentare
Zunächst sollte man nicht übersehen, dass seit den Kardinalsernennungen unter Franziskus die Internationalisierung rapide Fortschritte machte. Nahmen am Konklave von 2013 Kardinäle aus 48 Ländern teil, so werden nach dem folgenden Konsistorium Wahlmänner aus 70 Nationen vertreten sein.
Was nun die Anzahl der Italiener betrifft, so sind sie zahlenmäßig – leider ! – noch immer überrepräsentiert. Allerdings ist auch klar, dass sich der von Franziskus ernannte italienische Anteil (ausgenommen der „Fall“ Becciu) zweifellos von den unter JP II und B XVI erfolgten Ernennungen unterscheidet.Mittlerweile sollte es klar sein, dass Franziskus seine Auswahl nicht nach „althergebrachten, wohlerworbenen Privilegien“ sondern mit dem Blick auf die Person trifft.In diesem Zusammenhang hat mich die Ernennung von Raniero Cantalamessa sehr gefreut.
Die Ernennung des Afroamerikaners Wilton Gregory ist in mehrfacher Hinsicht ein positives Zeichen: Abgesehen von seinen Bemühungen um Toleranz in Kirche und Gesellschaft ist er seit seiner Zeit als Vorsitzender der US-Bischofskonferenz (2001-2004) für seine Aktivitäten zur Aufklärung von Missbrauchsfällen bekannt.
Allerdings sind die Präfekten des Wirtschaftssekretariats und der Abteilung für Kommunikation keine Kardinäle – der letztgenannte ist sogar Laie. Die Ernennung von Semeraro ist wohl auch eine persönliche Anerkennung.
Eine Frage: Welcher Kandidat ist Laie?
Wenn ja, wird fiesere dann einfach so geweiht, ohne vorheriges Studium?
Danke für die Mühe!
Erbacher spricht davon, dass Franziskus damit ernst machen könnte, „dass Kurienchefs nicht automatisch auch ins Kardinalskollegium aufgenommen werden.“
‚Maria‘ weist zurecht darauf hin, dass mit dem Journalisten Paolo Ruffini am 5. Juli 2018 erstmalig ein Nicht-Kleriker zum Präfekten eines Dikasteriums ernannt wurde.
Aus dieser Tatsache schließe ich, dass Franziskus mit der Berufung von Ruffini eine neue Norm in Kraft gesetzt hat: Der Leiter einer Kurienbehörde muss kein Kleriker und damit auch kein Mitglied des Kardinalskollegiums sein.
Mit den Fragen und Beantwortungen ist das im Blog so eine Sache. Dachte, meine nach der Nichtteilnahme des Gross-Imam Ahmad Al-Tayyeb an der Zusammenkunft der Religionen, wäre interessant. Scheint aber nicht so…
Nach bisheriger Recherche konnte er, wie auch der Anglikanerprimas Erzbischof Justin Welby, coronabedingt nicht anreisen.
Mittlerweile ist es möglich einen Blick auf die Zusammensetzung eines möglichen Konklaves zu werfen: Derzeit beträgt der von Franziskus ernannte Anteil 57 % der Wahlberechtigten und ist so noch ein gutes Stück von der für eine „erfolgreiche“ Papstwahl erforderlichen Zweidrittelmehrheit entfernt. Allerdings steht es auch ausser Frage, dass wohl nicht alle den letzten 7 Konsistorien ernannten Kardinäle im Augenblick der Wahl den „Bergoglio-Kurs“ vertreten werden…um hier nur auf Müller hinzuweisen.
Vor einigen Monaten wurde ein Buch mit dem programmatischen Titel „The Next Pope“ veröffentlicht: Der aus den USA stammende Autor erstellte Dossiers von insgesamt 19 Kardinälen,die seiner Ansicht nach als Nachfolger für Franziskus in Frage kämen. Dabei gibt er in überwiegender Weise jenen Kandidaten den klaren Vorzug, die dem Kurs des heutigen Papstes kritisch bis ablehnend gegenüberstehen. Dieses Buch wurde wohl mit der Absicht geschrieben, nicht nur (immerhin gut recherchierte) Informationen zu vermitteln, sondern in erster Linie den wahlberechtigten Kardinälen bei ihrer Entscheidungsfindung „behilflich“ zu sein.
@Prospero,
Daraus, wie viele Kardinäle von wem ernannt worden sind, kann man keine Rückschlüsse darauf ziehen, was beim Konklave herauskommen wird. Vergessen wir nicht: Beim letzten Konklave ist (naturgemäß) kein einziger Bergoglio-Wähler auch von diesem zum Kardinal ernannt worden.
@SuNuraxi
Eine Voraussage lag auch gar nicht in meiner Absicht – es ging mir lediglich um die Erwähnung, wie es um die Mehrheitsverhältnisse bestellt wäre, wenn nach dem 28. November ein Konklave stattfinden würde. Übrigens wären an einer Wahl außerdem 16 (oder 12,5 %) von JP II und 49 (bzw. 38,3%) von B XVI ernannte Kardinäle beteiligt .
Was nun ein zukünftiges Konklave betrifft, so sind natürlich keine definitiven Vorhersagen möglich: Bei einer näheren Auseinandersetzung mit der „Gesinnung“ der einzelnen Kardinäle (soweit sie bisher deutlich wurde), denke ich aber doch, dass das jeweilige Wahlverhalten im Großen und Ganzen kein Geheimnis sein dürfte.
Ein Nachtrag zu meinem letzten Beitrag, nachdem ich festellte, dass mir ein Fehler in der Angabe der möglichen Teilnehmer an einem Konklave unterlief; es muss heißen
von Franziskus sind 73(57 %) von B XVI 39 (30,5 %) und von JP II 16 (12,5 %)wahlberechtigt.
Da gerade Kardinäle das Thema sind: Laut Eminenz Woelki soll das Gutachten zu Fehlverhalten von Bischöfen und Generalvikaren gegenüber Opfern sexueller Gewalt im Erzbistum Köln unter Verschluss bleiben. Nun ja…
Kommentare geschlossen
Dieser Beitrag kann nicht länger kommentiert werden.