Paukenschlag in der Deutschen Bischofskonferenz
Es brodelt schon lange – in der Bischofskonferenz und auch in ihrem Vorsitzenden Kardinal Reinhard Marx. Jetzt hat der Münchner Erzbischof und Papstberater für sich eine Entscheidung getroffen und überrascht damit nicht nur seine Bischofskollegen. Die Ankündigung, bei der turnusgemäßen Wahl zum Vorsitzenden im Rahmen der Frühjahrsvollversammlung in Mainz in drei Wochen nicht mehr zu kandidieren, kommt völlig unerwartet. Gerade erst ist der Synodale Weg gestartet, der Reformdialog für den Marx innerhalb der Bischofskonferenz und im Disput mit Rom hart gekämpft hat. Dass einer, der die Posten in der ersten Reihe liebt, jetzt freiwillig verzichtet, wirft Fragen auf.
Nachfolgedebatte in vollem Gang
Nichts deutete in den vergangenen Tagen und Wochen darauf hin, dass Kardinal Marx nicht noch einmal für den Vorsitz der Bischofskonferenz kandidieren könnte. Zwar war durchaus vernehmbar, dass es sowohl bei Unterstützern als auch bei Gegnern grummelte. Doch konnte sich niemand vorstellen, wer außer Marx hätte kandidieren können. Jetzt müssen die Bischöfe innerhalb von drei Wochen einen Nachfolger finden. Das wird eine Herausforderung. Namen werden bereits viele gehandelt; doch längst ist das Rennen nicht gelaufen.
Ein gutes Dutzend Bischöfe gibt es, die 60 Jahre oder jünger sind. Die meisten von ihnen unterstützen den Kurs des bisherigen Vorsitzenden. Unwahrscheinlich ist es, dass ein Vertreter des eher konservativen Flügels gewählt wird. Entscheidend dürfte die Frage sein, wem man zutraut, die beiden Lager zusammenzuführen oder zumindest eine weitere Polarisierung zu verhindern. Namen liegen bereits viele auf dem Tisch – von Overbeck über Kohlgraf und Wiesemann bis zu Genn. Letzterer stünde mit seinen 69 Jahren allerdings nicht wirklich für einen Generationenwechsel.
Marx bleibt Referenzgröße
Für Marx waren die sieben Jahre als Vorsitzender zermürbend. Obwohl Entscheidungen mit großer Mehrheit gefallen sind, gab es immer wieder Störfeuer vor allem konservativer Bischöfe etwa in Fragen der Ökumene oder beim Synodalen Weg. Marx versuchte zu vermitteln – innerhalb der Bischofskonferenz und mit Rom. Das war nicht immer einfach, auch weil der Münchner Erzbischof durchaus meinungsfreudig ist. Das brachte ihm immer wieder Kritik von vielen Seiten ein. Vielleicht lag auch manche Verstimmung mit Rom am Ende daran, dass Marx zwar mit dem Papst sprach, nicht aber die vatikanischen Behörden über Vorgänge in Deutschland informierte.
Interessant ist schon, dass gerade jener Kirchenmann, der vor Jahren noch die kirchlichen Pöstchen geradewegs zu suchen schien, nun nach und nach Ämter abgibt. Als er 2014 Vorsitzender der Bischofskonferenz wurde, war er auch Präsident der Comece, der Kommission der Bischofskonferenzen in der EU und Mitglied im Kardinalsrat K9. Den EU-Posten hat er bereits 2018 abgegeben, nun auch den Vorsitz der Deutschen Bischofskonferenz. Das dürfte sicherlich auch der Einsicht geschuldet sein, dass die noch verbleibenden Posten viel Kraft und Zeit kosten. Dazu kommt: Als Vorsitzender musste Marx Moderator sein. Ohne dieses Amt kann er frei und mit mehr Nachdruck seine Positionen vertreten. Als Erzbischof von München und mit seinen vatikanischen Posten an der Seite des Papstes ist und bleibt er ein Schwergewicht – vielleicht künftig mehr denn je.
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3 Kommentare
Ich bedaure den Verzicht von Kardinal Marx und danke ihm. Verstehen kann ich ihn. Viele gute Jahre noch in München und Rom!
Mit der Veröffentlichung des Papstschreibens „Querida Amazonia“ lichtet sich der Nebel um den Rücktritt von Kardinal Marx. Dieser wusste im Vorfeld, wie das Schreiben ausfallen wird, und ihm war damit klar, dass zwei der vier Themenbereiche des Synodalen Weges als Rohrkrepierer enden werden, nämlich:
– Priesterliche Existenz heute und
– Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche
Was den extremen Priestermangel in Amazonien anbetrifft, fordert der Papst die dortigen Bischöfe auf: „Das Gebet um Priesterberufungen zu fördern, … und diejenigen, die eine missionarische Berufung zeigen, dazu zu bewegen, sich für das Amazonasgebiet zu entscheiden.“ Also alles beim Alten.
Im Hinblick auf die Rolle der Frau in der Kirche geht Franziskus von Gottes Offenbarung „in zwei menschlichen Gesichtern …: das seines göttlichen menschgewordenen Sohnes und das eines weiblichen Geschöpfes, Maria,“ aus. In diesem Modell ist eine Asymmetrie der Geschlechter von vornherein angelegt. Die päpstliche Quintessenz lautet dann: „Die Frauen leisten ihren Beitrag zur Kirche auf ihre eigene Weise und indem sie die Kraft und Zärtlichkeit der Mutter Maria weitergeben.“
Die kirchenpolitische Bilanz des ambitionierten Vorsitzenden der Bischofskonferenz sieht so aus:
– Es ist ihm mit großer Anstrengung gelungen, der Öffentlichkeit am 01.02.2017 ein gemeinsames Wort der Bischöfe vorlegen zu können, das die Öffnung des Sakramentenempfangs für wiederverheiratet Geschiedene ermöglicht.
– Bei seinem Versuch vor einem Jahr, in Einzelfällen Interkommunion zuzulassen, grätschten ihm sieben Bischöfe, darunter fünf aus der Bayerischen Bischofskonferenz dazwischen.
– Die Vorstöße der Amazonien-Synode in Richtung Viri probati und Diakonat der Frau wurden vom Papst nicht aufgegriffen, womit der Synodale Weg auf eine irrelevante Spielwiese verwiesen ist.
Danke, Kardinal Marx, für Ihr mutiges und engagiertes Vorangehen. Sie haben Ihr Möglichstes getan. Es wird jetzt ein anderer die Kapitänsverantwortung auf einem Schiff übernehmen müssen, das auf aufgepeitschter See unterwegs ist.
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