Der Papst in Marokko – Tag 2
Mit einer klaren Absage an Proselytismus und einem Appell, die innere Vielfalt in der katholischen Kirche zu akzeptieren, hat Papst Franziskus seinen Besuch in Marokko beendet. Während es am ersten Tag vor allem um den Dialog zwischen den Religionen ging, standen am zweiten Tag die Katholiken im Fokus. Am Morgen traf das Kirchenoberhaupt in der Kathedrale von Rabat Priester, Ordensleute und Seminaristen. Dabei betonte er, „die Wege der Mission führen nicht über den Proselytismus, der immer in einer Sackgasse endet“, sondern Mission geschehe „mit der Kraft des Mitgefühls, das sich vom Kreuz her auf alle Menschen erstreckt“. Bei der Abschlussmesse am Nachmittag warnte er vor Spaltungen und Auseinandersetzungen, vor Aggressivität und Konflikten innerhalb der Kirche. „Fallen wir nicht in die Versuchung, unsere Zugehörigkeit als Söhne und Töchter auf eine Frage von Gesetzen und Verboten, von Pflichten und Erfüllungen zu reduzieren.“ Es gehe darum, „kurzsichtige, spalterische Denkweisen zu überwinden“. Am Morgen besuchte Franziskus ein Caritas-Kinder-Zentrum vor den Toren von Rabat. Dort bekommen Familien unabhängig von Religion und Nationalität Hilfe. So stellt sich Franziskus das Christentum vor. Es geht ihm nicht um Masse, sondern um Klasse. Bei der Klasse allerdings nicht um das Einhalten von kleingeistigen Regeln und Normen, sondern um gelebte Nächstenliebe.
Nicht die Zahl ist wichtig
„Das Problem ist nicht, wenige zu sein, sondern unbedeutend“, erklärte der Papst am Morgen beim Treffen mit dem Klerus und den Ordensleuten. Die Kirche solle wie Sauerteig wirken. Dabei kommt es nach Ansicht des Papstes nicht auf die Masse an. Die Kirche müsse in einen Dialog mit der Gesellschaft treten und zwar „mit einer brennenden und uneigennützigen Liebe, ohne Berechnungen und Begrenzungen, mit Respekt vor der persönlichen Freiheit“. Dieser Dialog müsse vom Geist der „Brüderlichkeit aller Menschen“ geprägt sein. Gefährdet sieht Franziskus diesen „durch die politischen Bestrebungen von Integralismus und Spaltung sowie durch maßlos gewinnorientierte Systeme und abscheuliche ideologische Tendenzen, die die Handlungen und Schicksale der Menschen manipulieren“. Er warnte vor Angst und Hass. Da wo diese „genährt und bewusst eingesetzt werden“, würden „unsere Gemeinschaften“ destabilisiert und verwundbar gemacht.
Beim Gottesdienst am Nachmittag griff er das Thema noch einmal auf. „Immer droht uns die Versuchung, Hass und Vergeltung als legitime Form anzusehen, um Gerechtigkeit auf schnelle und wirksame Weise zu erreichen“, so Franziskus. Doch die Erfahrung zeige, „dass der Hass, die Spaltung und die Vergeltung nur die Seele unserer Völker töten, die Hoffnung unserer Söhne und Töchter vergiften sowie all das zerstören und wegreißen, was wir lieben“. Er warnte vor einer „erzwungenen Einheit“ in der katholischen Kirche und davor, die Verschiedenheiten durch eine „stillschweigende Marginalisierung zu verstecken oder aufzugeben“. Sowohl beim Treffen mit den Priestern und Ordensleuten als auch beim Gottesdienst mit rund 10.000 Gläubigen bedankte er sich ausdrücklich bei allen dafür, dass sie in der Minderheitensituation und schwierigen Zeiten den Glauben lebten. Am Morgen in der Kathedrale war Jean-Pierre Schumacher anwesend, der letzte Überlebende des Massakers an den Trappistenmönchen von Tibhirine 1996. Sieben seiner Mitbrüder waren damals verschleppt und ermordet worden.
Nicht Mauern, sondern Brücken bauen
Der Besuch in Marokko stand ganz im Zeichen des interreligiösen Dialogs. Für den Papst gibt es dazu keine Alternative. Ob das nordafrikanische Land allerdings wirklich als Vorbild taugt, ist fraglich. Zwar betonte Franziskus auf dem Rückflug von Rabat nach Rom, dass es in Marokko Religionsfreiheit gebe. Doch die Realität sieht an vielen Stellen doch anders aus. Allerdings legte Franziskus auch einen gewissen Realismus an den Tag. Auf die Frage einer Journalistin, was die Früchte der Reise seien, antwortete Franziskus: Früchte gebe es noch nicht. Das müsse die Zukunft erweisen; aber es gebe viele Blüten. Beim Papst dürfte auch ein Stück Zweckoptimismus mitspielen. Angesichts der Bedeutung der Religion in der Welt, stehen die Religionsführer in einer besonderen Pflicht. Daran erinnert Franziskus immer wieder. Der Pontifex versucht mit gutem Beispiel voranzugehen. Es gehe darum Brücken zu bauen, nicht Mauern, sagte er auf dem Rückflug. Wer Mauern baut, isoliert sich letztendlich selbst innerhalb dieser Mauern, ist er überzeugt. Er sucht Verbündete beim Brückenbau – gerade auch bei den anderen Religionen.
5 Kommentare
„Die Liebe, insbesondere zu den Schwächsten, ist die beste Gelegenheit, um auch zukünftig eine Kultur der Begegnung zu fördern. Sie möge schließlich dazu führen, dass die verwundeten, leidenden und ausgeschlossenen Menschen sich im Zeichen der Brüderlichkeit als Mitglieder der einen Menschheitsfamilie erkennen können. Es liege euch als Jüngerinnen und Jünger Jesu Christi, in diesem Geist des Dialogs und der Zusammenarbeit, immer am Herzen, euren Beitrag für Gerechtigkeit und Frieden, zur Erziehung der Kinder und Jugendlichen, zum Schutz und zur Begleitung älterer, schwacher, behinderter und unterdrückter Menschen zu leisten.“
Wahrhaft goldene Worte! Wie könnte sich dieser Pontifikat positiv auf die Welt auswirken, wenn nicht seine beiden Vorgänger soviel Mist beim Missbrauch angestellt hätten.
Dazu fällt mit nur ein: wie wär’s mit gutem Beispiel voranzugehen ? Jede Tat stellt Worte in den Schatten, seien sie noch so gut gemeint. Und da fehlt es weit bei der Amtskirche.
Zuviel Salbadern, während zu Hause die Hütte brennt. . .
Was soll das, goldene Worte ?
Ganz einfach: er müsste den Mut haben, die beiden Vorgänger ehrlich zu kritisieren und entsprechende Gegenmassnahmen sowie Strafverfahren gegen die Missetäter einleiten statt nur zu schwafeln.
Man fasst es einfach nicht: Wojtyla wurde sogar noch heiliggesprochen.
„Angesichts der Bedeutung der Religion in der Welt, stehen die Religionsführer in einer besonderen Pflicht.“ Zitatende.
Richtig, in einer Welt deren verschiedene vom Menschen initierten -muse und -logien historisch derart grandios versagt haben (ein ´bodycount´ an Opfern ist diesbezüglich geradezu sinnvoll!), bleibt nur noch die Feststellung des Zitats als richtige Konsequenz. Und wenn der höchst mögliche Konsens der Religionen nur derjenige ist, das das friedliche Zusammenleben so vieler Kulturen auf einem einzigen Planeten gewährleistet wäre. – Müßte doch eigentlich machbar sein, da Religionen per se nunmal chronisches menschliches Unvermögen, so weit als möglich, ausschließen.
„Die Wege der Mission führen nicht über den Proselytismus, der immer in einer Sackgasse endet …“ So, der Weg endet immer in einer Sackgasse. Wenn die frühen Christen so gedacht hätten, wäre das Christentum entweder ausgestorben oder es würde aus ein paar Dutzend Menschen in Galiläa bestehen.
Und dann kommt dieser Satz: „Wie sollten wir da nicht an Franz von Assisi denken, der inmitten eines Kreuzzuges zum Sultan Abdel Malik ging, um ihn zu treffen?“ Warum ging Franziskus zu dem Sultan? Richtig, um ihn zu bekehren, um, wie es der Papst sagen würde, „Proyselitismus zu betreiben.“
Wie wäre es, wenn er sich mehr für das Leben der in Marokko lebenden Christen und ihrer Priester und Bischöfe eingesetzt hätte, statt es bei frommen Worten zu belassen: „Die Christen sind in diesem Land nur eine kleine Minderheit. In meinen Augen stellt diese Tatsache aber kein Problem dar, auch wenn ich zugestehe, dass das manchmal für einige schwer zu leben ist.“ Ach so, für einige ist das manchmal (!) schwer zu leben. Naja, wird wohl an diesen „einigen“ liegen…
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