Der Vatikan und die Frauen

Papst Franziskus betont immer wieder, dass Frauen in der Kirche auch in Entscheidungspositionen besser vertreten sein müssten. Doch wenn man nach fünf Jahren Pontifikat eine Bilanz bei diesem Thema zieht, fällt diese mager aus. Heftig fiel daher auch teilweise die Kritik an der katholischen Kirche aus, die in diesen Tagen in Rom und anderswo zum Thema zu hören war. Die ehemalige irische Präsidentin Mary McAleese bezeichnete die katholische Kirche gar als „Reich des Frauenhasses“. Das verwundert umso mehr, gilt sie in ihrer Heimat als konservative Katholikin. Da würde man solche scharfen Worte nicht unbedingt erwarten. Das Pontifikat von Papst Franziskus bezeichnete sie als eine „Reise in die Enttäuschung“, weil den Worten des Papstes keine Taten folgten. Aus dem Vatikan waren unterdessen Stimmen zu hören, die das Engagement des Papstes in Bezug auf die Frauen lobten. Kurienkardinal Joao Braz de Avis lobte, dass der Papst die „Macho-Haltung“ gegenüber Frauen auch in der Kirche anprangere. Doch das Kirchenoberhaupt hat in dieser Woche erneut eine Gelegenheit verstreichen lassen, mit Personalentscheidungen Frauen mehr Gewicht zu verleihen. In die Vorbereitungsgruppe für die Amazonassynode im Herbst 2019 berief er nur eine Frau und 17 Männer.

Papst Franziskus und die Frauen – bleibt mehr als nur ein Foto? (Quelle: Erbacher)

Viele Chancen nicht genutzt

Klar handelt es sich bei der Versammlung im Herbst 2019 um eine Bischofsynode. Doch die Realität vor Ort im Amazonasgebiet ist die, dass auch dort ein großer Teil der kirchlichen Arbeit auf den Schultern der Frauen lastet. Dass dann aber in die Vorbereitungsgruppe Maria Irene Lopes Dos Santos, die Delegierte des Verbandes der katholischen Orden in Lateinamerika und der Karibik, als einzige Frau berufen wurde, ist unverständlich. Das ist einmal mehr eine vertane Chance an einer Stelle, an der es gar nicht weh tut. Hier geht es nicht um theologische oder gar dogmatische Fragen. Hier geht es eigentlich um die Anerkennung der Fakten. Wenn Franziskus vor wenigen Tagen in einem Vorwort für ein Buch schreibt, dass in der katholischen Kirche „die dienende Rolle, zu der jeder Christ aufgerufen ist, für Frauen manchmal in Knechtschaft“ abgleite, dann ist das anmerkenswert. Doch es müssen Konsequenzen folgen.

Die Ernennung einer Direktorin für die Vatikanischen Museen und zweier Frauen auf Hierarchiestufe drei im neuen Ministerium für Laien und Familie reicht da nicht aus. Zumal die Statuten des Dikasteriums es erlaubt hätten, die zweite Ebene mit einem Laien und damit eben auch einer Frau zu besetzen. Die indische Feministin und Theologin Astrid Lobo Gajiwala dürfte mit ihrem Urteil sicher Recht haben, wenn sie Franziskus als „grundsätzlich frauenfreundlich“ bezeichnet. Allerdings schränkt sie in einem Artikel für ein jüngst erschienenes englischsprachiges „Papst-Franziskus-Lexikon“ ein, dass sie nicht wegen weitreichender Veränderungen für Frauen zu diesem Urteil kommt, sondern wegen seiner inneren Haltung.

In seiner Zeit als Erzbischof in Buenos Aires gehörte Jorge Mario Bergoglio zu den wenigen Bischöfen Lateinamerikas, die explizit junge Theologinnen an den Universitäten förderten. Und heute? Franziskus geht an vielen Stellen mit gutem Beispiel voran, um so die katholische Kirche auf seinen Kurs zu bekommen. Sein bescheidenes Auftreten, seine große Nähe zu den Menschen am Rande der Gesellschaft und dergleichen gehören dazu. Beim Thema Frauen macht er das nicht. Das wirft auch einen Schatten auf sein Engagement für die Situation der Frauen in der Gesellschaft. Wenn er immer wieder betont, dass Authentizität einer Person Autorität verleihen, dann steht er sich an dieser Stelle selbst im Weg. Abseits der Frage nach dem Frauenpriestertum gäbe es bereits jetzt viele Möglichkeiten, klare Zeichen zu setzen. Im deutschen Sprachraum ist da etwa in den Bistumsverwaltungen manches bereits in Bewegung. Im Vatikan aber muss man, trotz eines Frauenrats als Beratergremium des Päpstlichen Kulturrats, selbst die Anfänge noch suchen.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.

16 Kommentare

  • Silvia
    09.03.2018, 13:26 Uhr.

    Bei der Amazonas – Synode hätte er wirklich ein Zeichen setzen können, ohne irgendwelche Erzkonservative gegen sich aufzubringen.

    Dieser Tage haben sich ja auch römische Ordensfrauen, die (hohen) Klerikern den Haushalt führen, bitter beklagt über die schlechte Behandlung, die sie da erfahren. U.a. war zu lesen, dass die Schwestern alleine in der Küche essen müssen.

    Von Papst Franziskus kam zu diesen Beschwerden bisher keine Reaktion. Hier ganz offiziell einen wertschätzenderen Umgang mit den Ordensfrauen zu fordern, täte ihm auch nicht weh.

    Hier geht es dabei nicht nur um den Umgang mit Frauen sondern auch mit Bediensteten generell. Bevor man die Wirtschaft kritisiert, sollte man zuerst in der eigenen Institution aufräumen.

    • Novalis
      09.03.2018, 21:55 Uhr.

      „Bei der Amazonas – Synode hätte er wirklich ein Zeichen setzen können, ohne irgendwelche Erzkonservative gegen sich aufzubringen.“
      „er hätte können“, das ist ein Irrealis der Vergangenheit. Also über Zustände der Vergangenheit gesagt, die nicht mehr geändert werden können.
      Die Amazonassynode hat aber NOCH GAR NICHT stattgefunden – der Papst kann als noch Änderungen vornehmen.
      Ich halte es für hundsgemeine Stimmungsmache gegen unseren Papst, wenn ihm also schlicht Unwahrheiten unterstellt werden.

  • Silberdistel
    09.03.2018, 16:29 Uhr.

    „die dienende Rolle, zu der jeder Christ aufgerufen ist, für Frauen manchmal in Knechtschaft“ Zitatende.
    Also man kann das schon etwas lebendiger ausdrücken: „Als Jesus ein andermal zu ihnen redete, sagte er: Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis umhergehen, sondern wird das Licht des Lebens haben“ (Joh 8, 12).

  • 09.03.2018, 18:03 Uhr.

    🙂

    • Jürgen Erbacher
      Jürgen Erbacher
      10.03.2018, 7:45 Uhr.

      Jeder, der sich an die Netiquette hält, darf mitschreiben. Natürlich auch Sie. Willkommen zurück.

      • UlLrich Hopfener
        10.03.2018, 9:22 Uhr.

        @Wrightflyer

        Schön, dass ich Sie wieder lesen kann..
        UND behalten sie Ihre Spontanität!!- gerade weil ich eher nachdenklich grüblerisch bin..

        und HOFFENTLICH werden Sie nicht zu sehr „beschnitten“ darin..
        alles Gute!!

        • Jürgen Erbacher
          Jürgen Erbacher
          10.03.2018, 14:46 Uhr.

          Hallo, weitere Kommentare zu Personen werden wir nicht mehr freischalten, da wir hier ja über die Themen diskutieren wollen. Wir freuen uns über jeden, der hier mitdiskutiert. Die Redaktion

  • Novalis
    09.03.2018, 21:59 Uhr.

    „In seiner Zeit als Erzbischof in Buenos Aires gehörte Jorge Mario Bergoglio zu den wenigen Bischöfen Lateinamerikas, die explizit junge Theologinnen an den Universitäten förderten.“

    In Regensburg verhindert der dortige Bischof gerade Frauen als Professoren. Mit welcher Begründung? Wegen der Priesterquote an einer theologischen Fakultät.
    Dumm nur, dass der Vatikan diese Priesterquote Anfang diesen Jahres abgeschafft hat.
    Unser Papst ist von solchen Reaktionären umgeben im Vatikan und im Episkopat – wie soll da eine Reform gelingen? 35 Jahre Fehlentwicklung unter Johannes Paul und vor allem unter B16 lassen sich nicht schnell in 5 Jahren umkehren. Also ein bisschen Geduld.

    Im Übrigen möchte ich an die Selbstverständlichkeit erinnern, mit der der Papst vom ersten Augenblick an bei der Fußwaschung am Gründonnerstag Frauen einbezogen hat. In Polen weigert man sich da mancherorts immer noch.

    • Brigitta
      13.03.2018, 23:52 Uhr.

      Und die Frau bei der 1. Fußwaschung war sogar eine Muslima.

  • Heilbründl
    11.03.2018, 6:52 Uhr.

    Als meine Tochter gefirmt wurde, hat sie sich mit der Kirche auseinander gesetzt und festgestellt, als Frau sitzt man auf der falschen Seite. Als Kind hatte ich mich auch geärgert, man durfte kein Ministrant sein, nicht „sternsingern“ (da kein Ministrant), aber man hat das halt in den 60er so hingenommen.
    Jetzt wird meine Tochter 30, zahlt Kirchensteuer und überlegt, wie viele ihrer Freundinnen, auszutreten. Warum soll ich für eine Kirche, in der ich als Frau nicht erwünscht bin, jeden Monat über 100 € Steuern bezahlen?

    • Brigitta
      14.03.2018, 0:52 Uhr.

      Aber Sie und Ihre Tochter sind doch erwünscht. Es fehlt nur noch das Amt. Und wir haben schon so viel erreicht – siehe meine Gedanken weiter unten.
      Aber eins muss ich doch auf Ihren Kommentar hin erzählen:
      Ende der 50ger anfangs 60ger Jahre bin ich sonntags oft mit meiner Mutter in die Kirche gegangen (morgens in der Früh um 7 Uhr oder wenn das nicht mit meinen Großeltern um 11 Uhr in den Kindergottesdienst). Meine Mutter ging immer auf die „Männerseite“ also ich auch. Bis vor 17 Jahren (seitdem lebe ich nicht mehr in dieser Gemeinde) hatte sich diese Trennung fast ganz aufgelöst außer bei Festgottesdiensten, in denen die Einheimischen in Tracht erscheinen. Für mich diese Frauen-, Männerseite also auch nur eine Tradition, die sich auflösen wird, wie sich schon so vieles erledigt hat.

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