Papst in Ägypten – Tag 2

„Der einzige Extremismus, der für die Gläubigen zulässig ist, besteht in der Nächstenliebe! Jeglicher andere Extremismus kommt nicht von Gott und gefällt ihm nicht!“ Diese Botschaft gab Papst Franziskus den Katholiken in Ägypten heute mit auf den Weg. Er schwor die Gläubigen darauf ein, „die Kultur der Begegnung, des Dialogs, des Respekts und der Solidarität zu verbreiten, zu verteidigen und im Leben zu verwirklichen“. Dabei machte das katholische Kirchenoberhaupt deutlich, dass es ihm und der Kirche nicht darum geht, durch ihr Handeln Privilegien für die eigenen Reihen herauszuschlagen, vielmehr betonte er, „der echte Glaube lässt uns die Rechte der anderen mit der gleichen Kraft und Begeisterung beschützen, mit denen wir unsere eigenen verteidigen“. Am Nachmittag beendete er seinen Besuch in der ägyptischen Hauptstadt mit einem Treffen mit Ordensleuten und Priestern. 27 Stunden dauerte die Kurzvisite am Nil. „Es ist eine Reise der Einheit und der Brüderlichkeit“, so Franziskus gestern auf dem Hinflug von Rom nach Kairo. Die Worte und Gesten der letzten beiden Tage lassen hoffen, dass die Reise vielleicht etwas Positives bewirken kann für die Situation der Christen im Land, die Ökumene und den interreligiösen Dialog.

Der Gottesdienst in Kairo fand, wie die ganze Reise, unter hohen Sicherheitsvorkehrungen statt. (Quelle: epa)

Die Rede von Papst Franziskus beim Treffen mit dem Klerus und Ordensleuten in Kairo hatte durchaus auch kritische Töne. Franziskus warnte vor Geschwätzigkeit, Neid und Pessimismus. „Wer sich beständig beklagt, ist in Wirklichkeit einer, der nicht arbeiten will.“ Vielmehr gehe es darum, Hindernisse in Gelegenheiten zu verwandeln. Weiter gehörten zu den sieben Versuchungen, vor denen er die Geistliche warnte, die des Individualismus und des „Pharaonismus“, sich gegenüber Gott und den Mitmenschen zu verschließen. Es ist durchaus interessant, dass Franziskus gerade einem Klerus, der angesichts der äußeren Umstände in einer schwierigen Situation lebt und arbeitet, derart mahnende Worte ins Stammbuch schreibt. Seine Anwesenheit soll Ermutigung sein; doch will er auch nicht darüber hinweg sehen, dass es in den eigenen Reihen Probleme gibt. Er verbindet die selbstkritischen Töne aber mit Mut machenden Worten und zeigt Perspektiven auf, wie den Versuchungen widerstanden werden könnte.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.

35 Kommentare

  • Silberdistel
    29.04.2017, 21:46 Uhr.

    „Der einzige Extremismus, der für die Gläubigen zulässig ist, besteht in der Nächstenliebe!“ Papst Franziskus, Zitatende.
    Nunja, da der Mensch schlechthin zu einem gewissen Perfektionismus, gar im schlimmsten Fall Extremismus neigt; möchte man Ihn, den Franziskus, für die Erkenntnis aus diesem Satz am liebsten knutschen oder nicht?! – Mal ganz unbedarft geäußert… Es hat schon was, wenn man die ´vibrations´ desjenigen spüren kann, der einst als einfacher Sandalenträger vor nahe 2000 Jahre über staubigen Wüstenboden wandelte und ständig Ähnliches erhellendes verlautbarte. Welches damals so neu war, das es der staubige Wüstenboden und die darauf wandelten, wie ein trocken gewordener Schwamm aufsaugten. Diese Worte, die sich dann Jahre später als geistiges Gut hauptsächlich über das heutige Europa und in alle Welt ergossen. Chapeau!
    Eigentlich müsste man diese Welt, deren all ihre ideologischen Heilsversprechen von Kommunismus bis Faschismus, geschichtlich kläglich gescheitert sind, komplett verwerfen und sich nur noch den Religionen hinwenden. So man denn noch eine verbliebene Hoffnung hat, wie so viele Individuen auf nur einem einzigen Planeten verträglich zusammen leben könnten. Wenn es denn den Religionen, zumindest den 3 miteinander verwandten monotheistischen, gelänge endlich einmal die gemeinsame Muttersprache zu finden…

  • Alberto Knox
    30.04.2017, 1:57 Uhr.

    nichts ist so wohltuend wie der antiklerikalismus unseres franz. vermutlich erträgt er dummes pfaffengeschwätz so wenig wie die meisten anständigen katholik*innen…

    • Wanda
      30.04.2017, 17:12 Uhr.

      Der Papst hätte endlich einmal seinen „Friedenspartner“, den Gross-Imam der Al-Azhar Universität (der sich ja medienwirksam mit ihm gemeinsam gegen religiösen Extremismus gewandt hat) fragen sollen, warum der bis heute nichts gegen die von religiösen Professoren seiner Universität verhängten Todesfatwas unternommen hat: ua. gegen den ägyptisch-deutschen Publizisten und Politikwissenschaftler Hamded Abdelsamad wegen seiner islamkritischen Schriften und auch die Morddrohungen gegen den an der Uni Münster lehrenden Islamwissenschaftler Prof. Mouhanad Korchide…
      – Habe dazu schon einmal kritisch angemerkt: seine Familie kann man sich nicht aussuchen – seine Gesprächpartner schon. Und da fehlt es offenbar an Charakter. Publikumswirksamkeit ist eher angesagt…

  • SuNuraxi
    02.05.2017, 14:47 Uhr.

    An die Redaktion!
    (Wird eh nicht veröffentlicht, ich weiß schon, weil es nach den hier herrschenden Regeln nichts mit dem Artikel zu tun hat. Es ist sowieso nur an die Redaktion gerichtet, also macht es auch nichts)
    Da war dieser unsägliche KZ-Vergleich. Es scheint, dass man darüber keine Diskussion will. Man erwähnt die Sache gar nicht, weder die in der „Originalsituation“ in Rom, noch die Bekräftigung des Ganzen im Flieger. Wenn sich jetzt jemand darüber äußern will, dann kann man das Ganze sehr elegant mit der Begründung abwürgen (= nicht veröffentlichen), dass es nichts mit dem Thema zu tun hat. Ich möchte nicht wissen, was hier los wäre, hätte einer von Franziskus‘ Vorgängern so eine Äußerung getätigt. Zweierlei Maß also. Der Franziskus darf alles!
    Womöglich von Ihnen unerwünschter Nebeneffekt (diese Kritik gilt nicht nur für Sie, sondern für fast alle Mainstreammedien im deutsche Sprachraum): Wer jetzt Kzs, Shoah oder sonstige Nazi-Verbrechen verharmlost, hat ab jetzt die Ausrede, dass der Papst ja auch darf. Sie alle haben somit diesen Negierern und Relativierern die Lage wesentlich erleichtert. Bravo!

    • Jürgen Erbacher
      Jürgen Erbacher
      03.05.2017, 16:05 Uhr.

      Als Papst Franziskus diesen Vergleich zum ersten Mal machte, bei der Gedenkfeier für christliche Märtyrer am 22. April in Rom, hatte er mit seiner Äußerung sehr unterschiedliche Reaktionen hervorgerufen. Es gab Empörung, aber auch andere Stimmen. So erklärte Christoph Heubner, ein Vertreter des Internationalen Auschwitz-Komitees: „Ich halte das nicht für empörend.“ Der Papst überzeichne, um Herzen in Bewegung zu bringen, erläuterte Heubner seine Position. Es ist immer wichtig, bei einer Aussage den Kontext mit zu beachten also die Situation, in die hinein sie gesprochen wird, und auch die Person mit ihrer Geschichte, die eine Aussage trifft. Und da kann eine identische Aussage bei zwei verschiedenen Personen unterschiedlich wahrgenommen und gedeutet werden. Vielleicht kann das erklären, warum bestimmte Aussagen von Franziskus nicht zum Skandal werden, die bei seinen Vorgängern große Entrüstung hervorgerufen hätten und umgekehrt.

      • bernardo
        04.05.2017, 23:51 Uhr.

        So kann man es natürlich auch nennen. Ich nenne es „messen mit zweierlei Maß“.

        • Alberto Knox
          05.05.2017, 21:59 Uhr.

          nur stellt sich die frage, ob bernardo das maß der dinge ist, der darüber entscheiden kann, ob hier mit zweierlei maß gemessen wird, oder ob hier zwei dinge unterschieden werden: hie ein papst, der faktisch ein rechter gesinnungsgenosse der piusse ist und da einer, der das gegenteil davon ist…

          • Jürgen Erbacher
            Jürgen Erbacher
            06.05.2017, 9:27 Uhr.

            Es war Benedikt XVI., der, allen Unkenrufen zum Trotz, die Rückkehr der Piusbrüder an die Anerkennung des II. Vatikanischen Konzils knüpfte. Das haben die Piusbrüder nicht akzeptiert und so blieb es bei der Trennung. Die Sympathie, wenn man überhaupt davon sprechen kann, für die Piusbrüder hatte ihre Grenzen.

          • Alberto Knox
            06.05.2017, 16:12 Uhr.

            es kann seit der bedingungslosen aufhebung der exkommunikation (die wohlgemerkt in der verbotenen weihespendung und der fortwährenden widersetzlichkeit – beides! – eine automatische tatstrafe ist) wirklich nicht mehr die rede sein davon, dass es bei einer trennung geblieben ist, lieber herr erbacher.
            die sympathie geht ja doch weiter:
            benedikt hat sich nachweislich – freundlich formuliert – demokratiekritisch in einem rechtsradikalen verlag geäußert; die karfreitagsfürbitte für die juden entspricht nicht der kirchlichen lehre, wie sie paul vi. und das zweite vatikanum vorgeschrieben haben; misogyn und homophob sind seine ansichten ebenfalls. im grunde tritt benedikt auch für einen ständestaat ein (er verkleidet das nur in hübsche worte), in dem die frauen wieder am herd stehen. das ist deckungsgleich mit dem, was einige sich unter einer afd-piusbruder-kirche vorstellen können. oder eben schlicht sympathie.
            allein schon das datum für die aufhebung der exkommunikation – der 50. jahrestag der veröffentlichung der konzilspläne durch johannes xxiii. war ein deutliches signal: piusse, ihr habt meine sympathien, das ii. vatikanum muss rückgängig gemacht werden. das datum ist beileibe kein zufall. rom hat immer schon so gedacht.

            • Jürgen Erbacher
              Jürgen Erbacher
              06.05.2017, 20:22 Uhr.

              Benedikt XVI. / Joseph Ratzinger wollte das II. Vatikanische Konzil nicht rückgängig machen. Dass er mit einer Reihe von Reformen, die in der Folge des Konzils durchgeführt wurden, nicht einverstanden war, ist eine Sache. Aber das Konzil rückgängig machen wollte er nicht. Genau an dieser Stelle zeigte er den Piusbrüdern eine klare Kante.

        • Alberto Knox
          06.05.2017, 22:09 Uhr.

          es ist selbstverständlich eine rücknahme des 2. vatikanums, wenn ratzinger die begrifflichkeit „kirchen und kirchliche gemeinschaften“ als begriff benutzt, der kirchen im eigentlichen und kirchen im uneigentlichen sinne unterscheiden soll, diese begrifflichkeit dann auch noch dem 2. vatikanum unterstellt – obwohl dieses, weiß gott nicht nur archivalisch nachweisbar (und theologisch so auch dargelegt von theologen wie knut wenzel, günther wassilowsky, peter walter), schlicht der redensart von johannes xxiii. gefolgt ist, der eine begrifflichkeit finden wollte (übrigens zum entsetzen der kurie), die kirchen, die sich als kirchen verstehen (und das sind eben auch die der reformation) und gemeinschaften, die sich nicht als kirchen verstehen, zusammenfassen wollte.
          es ist eine glatte lüge, wenn b16 in summorum pontificum behauptet, die alte messe sei nie abgeschafft worden. natürlich hat paul vi. sie abgeschafft (ein weißgott unverdächtiger zeuge dafür ist georg may, der ist erzkonservativ, fragen sie den. der hat dazu mehrfach geschrieben). das hat er nur gemacht, um das in seinen augen verderbliche 2. vatikanum zurückzunehmen.
          nur zwei beispiele… die wiedereinführung der eide – nachdem paul vi. den antimodernisteneid abgeschafft hatte… ich könnte auch noch auf die nachworte von otto hermann pesch in seinem vatikanumsbuch verweisen. da ist mehr als nur material gesammelt.
          am bezeichnendsten ist aber: in spe salvi, der enzyklika über die hoffnung, ist gaudium et spes nicht einmal zitiert. nein, herr erbacher, ihr urteil hält den tatsachen leider nicht stand. ratzinger wollte das konzil ungeschehen machen.

          • SuNuraxi
            07.05.2017, 15:10 Uhr.

            @Alberto Knox, 06.05.2017, 22:09

            Eine Lektüreempfehlung, bevor Sie sich das nächste Mal zu „Unterstellungen“ gegenüber dem Vat2 äußern:
            Karl Rahner / Herbert Vorgrimler: Kleines Konzilskompendium

            darin insbesondere „Sacrosanctum Concilium“ und „Unitatis Redintegratio“

            (Auch sehr zu empfehlen den anderen Teilnehmern hier im Forum. Sie werden dabei feststellen, dass Alberto Knox, der anderen „glatte Lügen“ vorwirft, es selbst nicht so genau nimmt, wenn er im Brustton der Überzeugung seine eigenen Thesen vorbringt – nicht nur in diesem speziellen Fall, sondern auch schon früher. Könnte es sein, dass er sich das traut, weil er damit rechnet, dass sowieso keiner nachliest, ob das wirklich stimmt, was er da behauptet? und dass er meint, er braucht nur darauf hinzuweisen, dass er selbst ja hier der studierte Theologe und somit der Fachmann sei und alle anderen mehr oder weniger uninformierte Trottel, die sich dann demütig vor seinen Auslassungen neigen?)

    • Silvia
      03.05.2017, 23:08 Uhr.

      SuNuraxi
      02.05.2017, 14:47 Uhr.

      ich gebe Ihnen vollkommen Recht und habe mich mit meinen diesbzgl. kritischen Äußerungen im Blog von Radio Vatikan mal wieder heftigen Angriffen ausgesetzt.

      • Silvia
        08.05.2017, 17:45 Uhr.

        SuNuraxi
        07.05.2017, 15:10 Uhr.

        Sehr richtig! Ich besitze übrigens das Kleine Konzilskompendium von meinem Fernstudium her.

    • bernardo
      04.05.2017, 23:58 Uhr.

      Man denke an die Aufregung über Johannes Pauls Vergleiche der Abtreibung mit Auschwitz. Als Abtreibungsgegner habe ich diesen Vergleich für grundfalsch gehalten, weniger aus politischer Korrektheit als vielmehr aufgrund der unterschiedlichen Intentionen. Nie wäre es mir in den Sinn gekommen, den Papst zu rechtfertigen mit den Worten, „der Papst überzeichne, um Herzen in Bewegung zu bringen“.

      Es war damals ein Fehler des Papstes, und es ist heute ein Fehler des Papstes. Der Unterschied ist nur der, dass der eine Papst (trotz seiner Fehler) ein politischer Gigant war, der andere Papst – und das sage ich mit großem Bedauern – ein politischer Zwerg.

      • Silvia
        05.05.2017, 12:02 Uhr.

        bernardo
        04.05.2017, 23:58 Uhr.

        An diesen – ebenso unpassenden – Vergleich von Papst Johannes Paul erinnere ich mich auch noch. Auch ich – ebenfalls Abtreibungsgegnerin – habe den damaligen Papst deswegen kritisiert.

        Aber damals konnte man den jeweiligen Papst noch kritisieren, ohne dafür in die ultrarechte politische Ecke gestellt und öffentlich diskriminiert zu werden.

        Ich gestehe jedem Papst zu, auch Fehler zu machen, aber ich gestehe mir und anderen Menschen auch das Recht zu, diese Fehler bei JEDEM Papst zu kritisieren, ohne dafür politisch und sozial diskriminiert zu werden.

        Der Papst ist nun mal kein Halbgott, auch wenn die seitherigen Gegner des rk Papsttums Franziskus gerne de facto diesen Status verleihen.

      • Silberdistel
        05.05.2017, 12:05 Uhr.

        bernardo
        04.05., 23:58 h
        „…politischer Zwerg“ Zitatende.
        Das Papst Franziskus sich derart engagiert um die potentiellen und akuten Konfliktpotentiale dieser Welt kümmert, zeichnet Ihn als weitsichtigen Analysten wie Visionär aus. Er könnte es sich stattdessen ja auch im Vatikan bequem machen, über seine Beziehung zu Jesus Christus endlose Lyrik hernieder schreiben, sich unter Seinesgelichen feiern und ansonsten den ´Lieben Gott´ einen guten Mann sein lassen…
        Das Er sich dermaßen außenpolitisch intensiv um die globalen Völkerwanderungen sowie den Ausgleich der Religionen bemüht, insbesondere der Versöhnung der 3 monotheistischen Geschwisterreligionen untereinander; zeichnet Ihn im Gegenteil als politischen Giganten aus, dessen benefit für die Zukunft um ein vielfaches höher sein könnte, als das es der von JP II je gewesen war. Nur was gilt halt ein Prophet im eigenen Lande.

        • Wanda
          05.05.2017, 21:45 Uhr.

          Silberdistel 12:05
          – Er bemüht sich lediglich mit Worten, die er an die schnöde Welt da draussen richtet und der er Vorwürfe macht, seine eigene Organisation aber davon ausnimmt.
          Wie wär´s mit Taten seiner Amtskirche ? Am Gelde kann´s ja nun nicht liegen und am helfenden Personal wohl auch nicht, verlangt ein rechter Christenmensch für seine guten Taten doch kein Entgelt.
          Beste Voraussetzungen also die Übel der Welt tatkräftig anzugehen, sollte man meinen…

        • bernardo
          06.05.2017, 0:08 Uhr.

          @ Silberdistel: Pardon, aber ich habe aufgehört, an „Geschwisterreligionen“ zu glauben. Im Fall des Islam halte ich das Entgegenkommen für eine Einbahnstraße. Auch gibt es zu viele Unterschiede im Gottesverständnis, als dass man einfach von „abrahamitischen Religionen“ sprechen könnte. Solche Bezeichnungen verdecken mehr als sie aufdecken – so stehen sich der transzendent-immanente, trinitarische Gott, den wir „Vater“ nennen und der absolut transzendente, streng monotheistische Gott gegenüber.

          Was die „globalen Völkerwanderungen“ angeht, wäre es besser, der Papst schwiege. „È in atto un’invasione araba dell’Europa, ma non è per forza un male“, „es gibt eine arabische Invasion Europas, aber sie ist nicht notwendigerweise ein Übel“, auf diese „Weisheiten“ können wir gerne verzichten. Das meinte ich mit Geschwätzigkeit.

          @ Silvia: Ich denke, wir sind in den meisten Fällen einer Meinung, und auch da, wo wir unterschiedlicher Meinung sind, schätze ich Sie als Diskutantin.

          • Silvia
            06.05.2017, 12:15 Uhr.

            Was die so genannte „Geschwisterreligion“ angeht, so vermittelt der Islam von Abrahem, und auf den soll sich ja die „Geschwisterlichkeit“ beziehen, ein gänzlich anderes Bild als die Bibel.

            Laut dem Islam war u.a. Abraham Moslem, so wie nach diesem Glauben jeder Mensch von Anbeginn der Zeiten bis heute von Geburt an Moslem sein soll.

            Auch dürfte der Islam in all seinen Facetten und Konfessionen wohl kaum damit einverstanden sein, von Christen oder Juden als Geschwisterreligion bezeichnet zu werden.

            • Jürgen Erbacher
              Jürgen Erbacher
              06.05.2017, 20:31 Uhr.

              Die Frage ist, was versteht der Islam in dem von Ihnen angeführten Beispiel unter einem „Muslim“. Da gibt es verschiedene Deutungen. Anfang September vergangenen Jahres haben Kardinal Kasper und der Islamtheologe Khorchide in der Deutschen Botschaft beim Heiligen Stuhl diskutiert. Beide hatten parallel im Jahr 2012 ein Buch über Barmherzigkeit in ihrer jeweiligen Religion verfasst. Bei der Diskussion unterstrich Khorchide, dass „Muslim“ zunächst einmal bedeutet, dass es sich um „Gläubige“ handelt, die sich zu Gott bekennen. In diesem Sinne werden auch Christen im Koran als Muslime bezeichnet, so Khorchide. Es gehe demnach an dieser Stelle nicht um die Beschreibung der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religion. Der Dialog der beiden in der Botschaft ist übrigens mittlerweile auch als Buch erschienen.

          • Alberto Knox
            06.05.2017, 16:14 Uhr.

            „Auch gibt es zu viele Unterschiede im Gottesverständnis, als dass man einfach von „abrahamitischen Religionen“ sprechen könnte. Solche Bezeichnungen verdecken mehr als sie aufdecken – so stehen sich der transzendent-immanente, trinitarische Gott, den wir „Vater“ nennen und der absolut transzendente, streng monotheistische Gott gegenüber.“

            das hält keiner näheren theologischen betrachtung stand, ist schlicht nicht zutreffend und übrigens auch nicht im einklang mit dem römischen lehramt.

          • Silvia
            06.05.2017, 22:20 Uhr.

            Jürgen Erbacher
            06.05.2017, 20:31 Uhr.

            Im Koran werden Christen und Juden aber als Ungläubige bezeichnet, die es zu töten gilt.

            Sogar als Schweine und Affen werden die Angehörigen beider Religionen bezeichnet.

            Die späteren Suren aus der Zeit Mohammeds in Medina machen die früheren, mekkanischen Suren, die deutlich gemäßigter sind, ungültig.

            Der Islam in all seinen Facetten toleriert keine andere Religion neben sich, sobald er von der Bevölerungszahl her in der Mehrheit ist. Genau genommen auch schon früher nicht, wie man an den Integrationsproblemen auch noch in der 3. und 4. Generation sehen kann.

            • Jürgen Erbacher
              Jürgen Erbacher
              07.05.2017, 13:38 Uhr.

              Hier gibt es eben auch andere Deutungen des Koran. Es lohnt vielleicht doch, das Gespräch von Kasper und Khorchide anzuschauen, denn Professor Khorchide geht genau auf diese Stelle mit den sogenannten „Ungläubigen“ ein. Auch in seinem Buch, das Anlass für die Diskussion war „Islam ist Barmherzigkeit“ geht er sehr ausführlich darauf ein. Die Tatsache, dass die mekkanischen Suren durch die medinischen ungültig werden sollten, wird nicht von allen islamischen Gelehrten geteilt. Die Frage ist nun, welche Kräfte versucht man zu stützen, und zunächst natürlich die Grundentscheidung: Will man überhaupt einen Dialog versuchen oder wirft man die Flinte gleich ins Korn. Franziskus steht auf dem Standpunkt, ich muss den Dialog versuchen, auch wenn mein Gesprächspartner nicht meine Position teilt oder in der Vergangenheit sich problematisch bzw. inakzeptabel positioniert hat.

      • Alberto Knox
        05.05.2017, 22:01 Uhr.

        ein politischer zwerg war höchstens der nach eigenem bekunden für das amt absolut ungeeignete benedikt.

        • Silvia
          07.05.2017, 14:35 Uhr.

          Lieber Herr Erbacher,

          wo kann ich denn das Gespräch zwischen Kardinal Kasper und Prof. Khorchide nachlesen? Würde mich interessieren.

          Dass Prof. Khorchide ein vernünftiger und ehrenwerter Mann ist, ziehe ich keineswegs in Zweifel.

          Aber wie @bernardo schreibt, ist er ein Außenseiter in seiner Religion. Und ich möchte noch darauf hinweisen, dass genau wegen seiner Koranauffassung eine Todesfatwa gegen ihn ausgesprochen wurde.

          Er kann bei uns in Deutschland lehren und das ist auch gut so. Aber verbindlich im Namen seiner Glaubensgemeinschaft sprechen kann er nicht.

          • Jürgen Erbacher
            Jürgen Erbacher
            09.05.2017, 13:12 Uhr.

            Khorchides Buch über Islam und Barmherzigkeit hat den Titel „Islam ist Barmherzigkeit“ und ist aus dem Jahr 2012. Diesen Titel gibt es in einer leicht überarbeiteten Form aus dem Jahr 2015 auch als Taschenbuch. Das Gespräch mit Kardinal Kasper ist unter dem Titel „Gottes Erster Name – Ein christlich-islamisches Gespräch über Barmherzigkeit“ erschienen und ist von diesem Jahr.

  • bernardo
    03.05.2017, 15:11 Uhr.

    Finde ich gut, dass Franziskus vor Geschwätzigkeit warnt. Diese Selbstironie gefällt mir.

    • Silvia
      03.05.2017, 23:09 Uhr.

      bernardo
      03.05.2017, 15:11 Uhr.

      Er dürfte es allerdings wohl nicht als Selbstironie verstehen.

  • Silvia
    06.05.2017, 10:11 Uhr.

    Wrightflyer
    05.05.2017, 22:46 Uhr.

    In Flüchtlingslagern geschieht aber kein Völkermord. Auch wird dort niemand gefoltert, zu medizinischen Versuchen missbraucht, niemand muss (ver)hungern oder Schwerstarbeit leisten und die Dauer des Aufenthaltes dort ist absehbar.

  • bernardo
    06.05.2017, 20:42 Uhr.

    @ Knox: Ich vermute, Sie sind auf der Suche nach Häresien. Vermutlich beziehen Sie sich auf die Erklärung Nostra Aetate, die Folgendes über den Islam sagt: „Mit Hochachtung betrachtet die Kirche auch die Muslim, die den alleinigen Gott anbeten, den lebendigen und in sich seienden, barmherzigen und allmächtigen, den Schöpfer Himmels und der Erde (5), der zu den Menschen gesprochen hat. Sie mühen sich, auch seinen verborgenen Ratschlüssen sich mit ganzer Seele zu unterwerfen, so wie Abraham sich Gott unterworfen hat, auf den der islamische Glaube sich gerne beruft. Jesus, den sie allerdings nicht als Gott anerkennen, verehren sie doch als Propheten, und sie ehren seine jungfräuliche Mutter Maria, die sie bisweilen auch in Frömmigkeit anrufen. Überdies erwarten sie den Tag des Gerichtes, an dem Gott alle Menschen auferweckt und ihnen vergilt. Deshalb legen sie Wert auf sittliche Lebenshaltung und verehren Gott besonders durch Gebet, Almosen und Fasten.
    Da es jedoch im Lauf der Jahrhunderte zu manchen Zwistigkeiten und Feindschaften zwischen Christen und Muslim kam, ermahnt die Heilige Synode alle, das Vergangene beiseite zu lassen, sich aufrichtig um gegenseitiges Verstehen zu bemühen und gemeinsam einzutreten für Schutz und Förderung der sozialen Gerechtigkeit, der sittlichen Güter und nicht zuletzt des Friedens und der Freiheit für alle Menschen.“ Das steht keineswegs im Gegensatz zu dem, was ich schreibe. Die Erklärung selbst weist auf die Unterschiede hin, etwa im Hinblick auf die Person Christi. Nun ist die Person Christi für einen Christen – daher der Name – keine Nebensächlichkeit. Aber davon abgesehen: Jemand, der in so vielen Fragen (etwa zur Homosexualität, zur Geschlechtlichkeit des Menschen) so weit von der kirchlichen Lehre abweicht wie Sie – und ich mache ihnen daraus keinen Vorwurf -, sollte andere nicht permanent auf vermeintliche Nichtübereinstimmung mit dem Lehramt hinweisen. Das mache ich Ihnen allerdings zum Vorwurf.

    @ Herrn Erbacher: Nun zu Herrn Prof. Khorchide, den zu moderieren ich einmal die Ehre hatte: Er ist innerhalb seiner eigenen Religion ein Außenseiter. Seine Schriften über den Islam sind für diesen ungefähr so repräsentativ wie die Schriften Eugen Drewermanns für den Katholizismus.

    @ Silvia: Stimmt, wir sind alle als Muslime geboren so wie schon Adam und Eva Muslime waren. Eigentlich sind wir allesamt Apostaten. 🙂

    • Jürgen Erbacher
      Jürgen Erbacher
      07.05.2017, 13:31 Uhr.

      Immerhin sind bereits 6500 Studierende durch die Schule von Professor Khorchide und seiner Kollegen in Münster gegangen. Ganz alleine steht er also nicht da.

    • Wanda
      07.05.2017, 17:34 Uhr.

      Bernardo 20:42
      – Gegen Khorchide, Abdel Samad, Salman Rushdie und andere aufgeklärte muslimische Gelehrte, Publizisten oder Schriftsteller gibt es Morddrohungen und die dazu notwendige Berechtigung (Todesfatwas) wird ohne Zögern von ua. an der Al-Azhar tätigen Religionsgelehrten ausgestellt, deren Gross-Imam gerade von Franziskus brüderlich umarmt wurde…
      – Und was uns alle (auch mich) als Apostaten angeht, muss man sich die Anmassung erst einmal vorstellen: einem überlieferten Prophetenspruch zufolge heisst es „jeder Mensch wird im Zustande der Fitra als Muslim geboren“. Also machen ihn erst seine Eltern und deren Erziehung zum Andersgläubigen (Juden, Christen, Hindu etc.), woraus der Islam sein übersteigertes Sendungsbewusstsein ableitet. Damit erklärt sich auch das in dieser Religion angelegte Potenzial der Gewaltmobilisierung zur Durchsetzung ihres Weltbildes und deren Werteauffassung wo immer das sei.
      – Während das Christentum sich (anfangs) vollkommen gewaltlos ausdehnte, war der Islam aufgrund der Aktivitäten Mohammeds gleich von Beginn an mit politischer Macht verknüpft und dessen militärische Verbreitung durch seine arabischen Reiterheere ist der historische Beleg…
      Wie der oa. Abdel Samad betonte „der Islam ist nur solange tolerant wie er sich in der Minderheit befindet“…
      – Und genau hier irrt Franziskus: er braucht sich nur die noch kürzlich getätigten verschiedenen (Steinzeit-)Äusserungen al-Tayeebs zum Verständnis seiner Religion zu Gemüte führen…

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