Franziskus und die synodale Kirche
Franziskus will nicht von oben nach unten durchregieren. Zumindest ist das nicht seine Idealvorstellung für die katholische Kirche. Das hat er jetzt noch einmal in einem Interview mit einer belgischen katholischen Wochenzeitung deutlich gemacht. „Es gibt eine Kirche in Form einer Pyramide, wo man das macht, was Petrus sagt, oder es gibt eine synodale Kirche, in der Petrus Petrus ist, der aber die Kirche begleitet, der sie wachsen lässt und sie hört“, so das katholische Kirchenoberhaupt. Als Beispiel nennt er die beiden letzten Synoden, um schließlich festzustellen: „Alles, was dort steht [in Amoris laetitia], wurde in der Synode von mehr als Zweidrittel der Synodenväter approbiert.“ Die Botschaft dieser Aussage ist klar. Und der nächste synodale Prozess wird zeigen, wie Franziskus die Idee der „synodalen Kirche“ vorantreiben wird. Es wurde bereits eine neue Umfrage zum Thema der nächsten Synode angekündigt, der wieder von den Ortskirchen beantwortet werden soll.
Vielheit ist Reichtum
Die Kirche wächst von der Basis her und organisiert sich um den Bischof herum, so Franziskus in dem Interview. Einmal mehr macht er deutlich, dass er nun auch offiziell das umsetzen will, was im Verständnis vieler Gläubigen schon immer gilt: Das Entscheidende passiert auf Gemeindeebene, in den Ortskirchen. Von einem Top-Down-Denken und -Handeln möchte er zu einem Down-Top-Denken und -Handeln. Das sei Synodalität. „Nicht von oben nach unten regieren, sondern die Kirchen hören, sie harmonisieren, sie unterscheiden“, so die Idee des Papstes. Die Kirche sei „Einheit in der Verschiedenheit“. Der „Reichtum der verschiedenen Schattierungen“ sei „interessant“. Das ganze passiere schließlich „cum Petro et sub Petro“ (mit und unter Petrus). Der Papst sei der Garant der Einheit, so Franziskus.
„Es gilt nun, in dieser Synodalität voranzuschreiten“, erklärt der Papst. Es wird spannend, welche Lehren Franziskus aus dem synodalen Prozess zu Ehe und Familie gezogen hat. Das wird man am nächsten Prozess der nächsten Synode zum Thema „Jugend, der Glaube und die Unterscheidung der Berufung“ erkennen können. Auf jeden Fall wird es wieder eine Umfrage geben, an der die Ortskirchen beteiligt werden soll. Ob diese Erhebung in den kirchlichen Gremien der Diözesen stecken bleiben wird oder bis in die Pfarreien kommt, ist noch offen. Interessant ist, dass beim letzten Treffen des Synodenrats die Mitglieder sich nach Kontinenten getrennt beraten haben, um dem allgemeinen Fragebogen noch spezifische Fragen für die jeweiligen Kontinente hinzuzufügen. Könnte sich dieses Kontinentalprinzip auch bis in die Synodenberatungen ziehen und es neben Sprachgruppen künftig auch kontinentale Gruppen geben? Damit könnte man den regionalen Unterschieden Rechnung tragen. Das könnte aber auch zu unterschiedlichen Lösungen für einzelne Fragen führen. Franziskus hätte damit sicherlich kein Problem. Die ideale Form der Synode ist noch nicht gefunden. Auch der nächste synodale Prozess wird ein Experiment sein.
23 Kommentare
Man muss dem Papst für die klaren Worte danken. Leider haben viele noch nicht begriffen wohin die Kirche steuern muss.
Die Zeit der Käfighaltung geht zu Ende und wir sollten uns als freilaufende Christen verstehen.
Der letzte Satz gefällt mir ausserordentlich. Salopp ausgedrückt, aber er trifft den Punkt…
Banaler ausgedrückt: Es geht um mehr Geschwisterlichkeit und damit mehr Nähe zur Realität.
Geschwisterlichkeit (vor Gott!*) ist das was die Lehre von Jesus Christus kolportieren will. Ist die Primärmessage im Übrigen aller Religionen. Welches der Tatsache entspricht wenn man anerkennt, das alles aus einer (Schöpfer-) Quelle kommt bzw. Alles wieder zu dieser Quelle gehen wird.
Falls das jedes Individuum so begreifen und vor Allem danach handeln könnte, wäre die destruktive Macht entschärft, die den Nächsten nur als Fremden, als unmittelbaren Konkurrenten, gar Feind, wahrnehmen kann. Konstruktives, segensreiches Handeln zum Wohle aller würde stattdessen um sich greifen.
Papst Franziskus weiß das. Und wenn dies Wissen die Mehrheit mit Ihm teilen kann, dann wird sich auch in der Kirche ein Weg finden: Ein Weg hin zu mehr Geschwisterlichkeit, damit näher zum Nächsten und damit wiederum näher zu Gott. Egal, ob man diesen Weg synodal nennt, Nächstenliebe oder anders.
(*! = Diese Geschwisterlichkeit funktioniert ohne Gott nicht. Wie in den menschlichen Gesellschaftsexperimenten des 1000jährigen Kommunismus einschlägig bewiesen).
Interessanter Artikel zu Franziskus heute in der SZ unter dem Titel „Es ist Entscheidungszeit in der katholischen Kirche“…
– diese Geschwisterlichkeit hat aber auch über Jahrhunderte in röm.-kath. Kirche nicht so recht funktioniert, und das trotz der behaupteten Nähe zu Gott…
das ist endlich mal ein papst, der ernst macht mit vox populi vox dei. gottseidank ist er nicht von den linzer glaubenswächtern um noé, die gerade ins rechtsradikale lager kippen, abhängig wie sein unglaublich mieser vorgänger.
Hm, aber die vom Papst gebilligte sehr heftige Reaktion des „Kirchenrichters“ auf die Dubia der vier konservativen Kardinäle mit Androhung, Ihnen die Kardinalswürde zu entziehen, passt da nicht ganz dazu.
meinem Eindruck nach hat sich an den Methoden in der Kirche bisher nichts geändert, nur dass es jetzt „die Konservativen“ trifft und früher waren es „die Progressiven“.
liebe silvia,
ich bin zwar der meinung, dass es der konservativen natternbrut durchaus nicht schaden würde, das gift selbst zu kosten, dass sie schamlos ausgestreut haben, um die liberaleren klein zu machen, zu unterdrücken, zu marginalisieren (und das, obwohl diese erzreaktionäre front eine verschwindende minderheit ist), aber: franziskus tut das ja gerade nicht. sollten sie nicht up to date sein: es war eine FALSCHMELDUNG (die natürlich entsprechend bei kath und katholisches aufgebauscht wurde), dass der vorsitzende der rota mit dem entzug der kardinalswürde gedroht hat. IM GEGENTEIL hat er gesagt, dass er davon ausgehe, dass franziskus nicht so handelt.
Alberto Knox
11.12.2016, 12:41 Uhr.
Inzwischen bin ich auf dem Laufenden.
So wie ich das sehe, ist Franziskus wohl gerade dabei, das Papstamt selbst zu reformieren. Dabei hat er meine Unterstützung.
Meine Unterstützung hat er auch!
Meine auch. Vielleicht sollten wir treue Katholiken für seine Standfestigkeit und auch einfach für ihn als Menschen gerade zu seinem 80. Geburtstag beten!
Vox Rindvieh nur das wohl gezielt gestreute Gerücht, den 4 Kardinälen sollte der Titel entzogen werden.
Wrightflyer
14.12.2016, 18:49 Uhr.
Da die kommentarfunktion zum entsprechenden Thread aufgehoben wurde, würde ich ausnahmsweise hier gerne antworten:
Ich bin weder Professorin noch Doktorin der Theologie sondern habe mich nur als Laie interessehalber weiter gebildet.
Und Papst bin ich auch nicht!
Beim Papst unterscheide ich als römische Katholikin nur zwischen Person und Amt und auch, wie weit eine päpstliche Lehrentscheidung/ Lehrschreiben denn für alle RÖMISCHEN Katholiken verbindlich ist oder nicht. Da gibt es Unterschiede der Verbindlichkeit.
P.S.: Warum also sollte ich dann nur die Berufstheologen und den Papst ernst nehmen?
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