Entscheidung in Rom
Roma locuta, causa aperta. (Rom hat entschieden, die Angelegenheit ist offen.) So ist das im Pontfikat von Papst Franziskus. Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst nimmt eine Auszeit. Das gab der Vatikan am Mittag in einer Erklärung bekannt. Das gibt die Möglichkeit, die Fakten zu klären. Danach wird der Papst dann endgültig entscheiden. Franziskus liebt keine Schnellschüsse; zugleich ist dem Vatikan in den letzten Tagen klar geworden, dass gehandelt werden muss. Man will sich aber auch seine Entscheidungen nicht von der öffentlichen Meinung diktieren lassen. Entscheidend dürfte am Ende aber gewesen sein, dass Papst Franziskus erst Fakten möchten, bevor er ein Urteil fällt.
Die Entscheidung ist damit zutiefst „franziskanisch“. Bleibt aber nicht im Beliebigen, denn der Papst schafft auch Fakten: der Bischof nimmt eine Auszeit; der von Bischof Tebartz-van Elst bereits designierte Generalvikar, Wolfgang Rösch, wird mit sofortiger Wirkung ins Amt gehoben. Hier greift der Papst direkt ein in die Belange eines Bistums. Das ist ein „höchst-primatialer“ Akt. Denn nicht der Bischof setzt Rösch ein, sondern der Papst selbst. Wollte der Bischof das nicht machen? Klar ist auch, dass die Ära von Generalvikar Franz Kaspar mit sofortiger Wirkung zu Ende ist. Seine Rolle in der ganzen Causa Limburg ist äußerst undurchsichtig und ebenfalls noch zu klären.
Der neue Generalvikar Wolfgang Rösch wird nun das Bistum verwalten, weil – und da ist der Vatikan in seiner Erklärung deutlich – es „in der Diözese ist zu einer Situation gekommen ist, in welcher der Bischof, S.E. Mons. Franz-Peter Tebartz-van Elst, seinen bischöflichen Dienst zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht ausüben kann“. Das erinnert sehr an den Canon des Kirchenrechts, der den Rücktritt eines Bischofs regelt (Can 401§2). Dort heißt es: „Ein Diözesanbischof, der wegen seiner angegriffenen Gesundheit oder aus einem anderen schwerwiegenden Grund nicht mehr recht in der Lage ist, seine Amtsgeschäfte wahrzunehmen, ist nachdrücklich gebeten, den Amtsverzicht anzubieten.“ Soweit geht der Papst aktuell nicht. Er bleibt neutral, vermeidet jede Form der Schuldzuweisung.
Die Erklärung sagt aber auch nichts darüber aus, wie lange die Auszeit des Bischofs dauert. Einzig der Hinweis auf die Prüfkommission der Deutschen Bischofskonferenz gibt einen Anhaltspunkt. Solange diese ihre Ergebnisse nicht vorgelegt haben wird, wird es im Falle des Bischofs wohl keine weitere Entscheidung geben. Die Prüfkommission hat am vergangenen Freitag ihre Arbeit aufgenommen; wie lange sie braucht, um alle Unterlagen zu sichten, ist derzeit offen. Interessant ist, dass die Vatikanerklärung keinen Bezug nimmt auf die Vorgänge rund um die Staatsanwaltschaft Hamburg und die Affäre um den 1.-Klasse-Flug des Bischofs nach Indien. Die Staatsanwaltschaft hatte ja beim Amtsgericht Hamburg einen Strafbefehl beantragt wegen zweifacher falscher Aussage an Eides statt von Bischof Tebartz-van Elst. Noch ist unklar, wie das Amtsgericht entscheidet. Die Auszeit bietet aber auch in dieser Angelegenheit die Chance, in Ruhe das weitere Verfahren dort abzuwarten.
Auch wenn sich in Limburg viele – darunter auch das Domkapitel – eine Rückkehr des Bischofs in sein Bistum nach der Auszeit nicht mehr vorstellen können, ausgeschlossen ist das nicht. Das Schicksal Tebartz-van Elsts ist nach wie vor offen.
P.S. Auf Generalvikar Rösch kommt nun eine schwierige Aufgabe zu. Das Bistum ist tief gespalten. Teile des Domkapitels machten heute Mittag bei einer Pressekonferenz in Limburg klar, dass sie sich eine Rückkehr des Bischofs nicht vorstellen können. Zugleich ist Rösch in seinem Handlungsspielraum beschränkt; denn er ist weder Diözesanadministrator noch Bischof. Dennoch kann er als „Verwaltungschef“ das Bistum führen. In seiner bisherigen Aufgabe als Stadtdekan in Wiesbaden hat sich der 54-jährige Rösch als umsichtiger und dialogischer Moderator einen Namen gemacht, agierte vermittelnd, nicht polarisierend. An der Unterschriftenaktion gegen Bischof Tebartz-van Elst Anfang September beteiligte sich seine Gemeinde im Einvernehmen mit dem Pfarrgemeinderat nicht. Man wollte die Gräben nicht weiter vertiefen, hieß es damals als Begründung, sondern für ein Gespräch mit beiden Seiten – Kritiker und Unterstützer des Bischofs – offen sein.