Römische Personalien

Die Gerüchteküche war schon seit einigen Tagen am Brodeln, seit heute ist es amtlich. Papst Franziskus hat seine Entscheidung für einen neuen Staatssekretär getroffen. Es ist der italienische Vatikandiplomat Pietro Parolin, derzeit Nuntius in Caracas. Gleichzeitig nahm der Papst den Rücktritt des bisherigen Amtsinhabers, Kardinal Tarcisio Bertone an.

Die Ablösung Bertones war überfällig. Schon Benedikt XVI. war immer wieder darauf aufmerksam gemacht worden, dass er sich besser von seinem Kardinalstaatssekretär trennen solle. Aber er hielt seinem früheren Mitarbeiter aus den Zeiten der Glaubenskongregation stets die Treue, auch wenn dieser sich in zahlreichen Konflikten als unfähig erwies – nicht zuletzt im Fall Williamson wird ihm die Schuld gegeben. Auch im Vorkonklave haben die Kardinäle ihre Unzufriedenheit mit der Spitze der Kurie deutlich zum Ausdruck gebracht.

Indem Franziskus, der die Sommerpause nicht für Ferien, sondern für zahlreiche Gespräche mit unterschiedlichsten Mitarbeitern im Vatikan genutzt hat, die Personalentscheidung getroffen hat, hat er sowohl ein Versprechen eingelöst als auch den wohl wichtigsten Schritt zur Kurienreform getan. Im Oktober wird dann die von ihm eingesetzte Kommission der acht Kardinäle, darunter der Deutsche Reinhard Marx, weitere Reformen vorschlagen.

Die Wahl eines Italieners, der als erfahrener und begabter Diplomat gilt, ist sicherlich ein kluger Schachzug. Zum einen hätte ein Nichtitaliener die überwiegend italienischen Mitarbeiter nicht erfreut, zum anderen bringt der neue Staatssekretär viele Jahre diplomatischer Erfahrung mit sich. Von 2002 bis 2009 war er „stellvertretender Außenminister“, verhandelte mit Israel, Vietnam, China und Russland in diversen komplizierten Konstellationen und gehörte im Zusammenhang mit den Bemühungen, einen Irakkrieg zu vermeiden, zu den engsten Beratern von Johannes Paul II.

Pietro Parolin, der neue Kardinalstaatssekretär

Pietro Parolin, der neue Staatssekretär

 

Auf den 58-Jährigen Parolin warten gewaltige Aufgaben. Er wird sein neues Amt am 15. Oktober antreten. Auch wenn er gut vernetzt ist im Vatikan, ist es nicht leicht, einen eingespielten, trägen Apparat auf Trab zu bringen. Als „alter ego“ des Papstes und dessen engster Vertrauter kommt ihm zugute, dass er ebenfalls als bescheiden gilt. Franziskus braucht solche Verbündete, wenn er sein großes Werk in Angriff nehmen will.

PS: Auch in seinem engeren Umfeld hat Franziskus in diesen Wochen Entscheidungen getroffen. Georg Gänswein ist nicht mehr sein Sekretär, sondern weiterhin Präfekt des Päpstlichen Hauses.und bleibt auch Privatsekretär von Benedikt XVI. Der Malteser Alfred Xuereb, bisher die Nummer zwei, ist jetzt Papstsekretär Nummer eins. Und neu im Team ist der 49-jährige Fabian Pedacchio Leaniz, ein Landsmann des Papstes. Dass dieser weitgehend selbst das Heft in der Hand behalten will, hat er in mehreren Interviews gesagt: “ Ich entscheide selbst, wen ich sehen muss, und nicht meine Sekretäre.“

 

 

 

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Michaela Pilters

Ich leite seit 1985 die ZDF-Redaktion „Kirche und Leben/kath“. Bevor ich zum ZDF kam, war ich bei der Katholischen Nachrichtenagentur in Bonn und beim Hessischen Rundfunk in der Kirchenredaktion - also viele Jahre Erfahrung mit kirchlichen Themen. Mein Studium der katholischen Theologie (Diplom) habe ich in München gemacht.