Kommission die Nächste!
Papst Franziskus hat heute eine weitere Kommission eingesetzt, die sich mit der Reform der Vatikanverwaltung beschäftigen soll. Konkret geht es um Fragen der Finanzen und der Güterverwaltung des Heiligen Stuhls. Ziel ist die bestehenden Strukturen zu vereinfachen sowie den gesamten Finanz- und Wirtschaftsbereich effizienter zu gestalten. Verschwendung von Ressourcen soll vermieden, mehr Transparenz bei der Beschaffung von Gütern und Dienstleistungen geschaffen, die Verwaltung der beweglichen Güter und Immobilien perfektioniert werden sowie eine korrekte Buchhaltung und die Funktionalität des Gesundheits- und Sozialsystem für die Vatikanmitarbeiter garantiert werden.
Eine lange Liste. Dafür holt sich der Papst externen Rat von Laien. Ausdrücklich ist im Errichtungsdekret gefordert, dass die Mitglieder der Kommission Experten aus den Bereichen Recht, Verwaltung, Wirtschaft und Finanzen sein sollen. Sieben der acht Mitglieder der Gruppe sind Laien. Leiter der Gruppe ist der Malteser Wirtschaftsexperte und ehemalige Chef der maltesischen Zentralbank, Joseph FX Zahra. Aus Deutschland kommt der Versicherungsexperte Jochen Messemer, Vorsitzender der ERGO International AG. Beide sind bereits in verschiedenen vatikanischen Kontrollfunktionen aktiv. Außerdem gehören der Kommission an: aus Frankreich Jean-Baptiste de Franssu (u.a. ehemaliger Präsident des Branchenverbands European Fund and Asset Management Association, EFAMA) und Jean Videlain-Sevestre, aus Italien Francesca Immacolata Chaouqui (Ernst&Young Italia), aus Spanien Enrique Llano (hatte u.a. Aufgaben im Gesundheitswesen), aus Singapur George Yeo (u.a. ehemaliger Außenminister). Einziger Kleriker ist Lucio Angel Vallejo Balda. Er ist Sekretär der Wirtschaftspräfektur des Heiligen Stuhls und fungiert als Sekretär der Kommission.
Die Kommission nimmt ihre Arbeit sofort auf. Ein erstes Treffen soll unmittelbar nach der Rückkehr des Papstes vom Weltjugendtag in Brasilien stattfinden. Die Kommission untersteht direkt dem Papst und gibt ihm Bericht. Alle vatikanischen Behörden sind ihr gegenüber Auskunftspflichtig und können sich ausdrücklich nicht auf Dienstgeheimnisse berufen.
Die Kommission soll gegebenenfalls auch mit der Kardinalskommission zusammenarbeiten, die Franziskus zur Vorbereitung einer Kurienreform installiert hat. Diese K8-Gruppe trifft sich erstmals Anfang Oktober. Doch die Mitglieder, darunter der Münchner Erzbischof Kardinal Reinhard Marx, sind bereits fleißig am Arbeiten. Fast alle der K8-Gruppe haben sich bereits mit dem Papst zu Einzelgesprächen getroffen; zudem sind sie untereinander im regen Austausch. Kardinal Bertello, einziger „Vatikanier“ in dem Gremium hat unter den Kurienchefs um Eingaben gebeten. Beim Treffen Anfang Oktober sollen bereits erste Entscheidungen fallen. Ob Franziskus so lange wartet mit der Ernennung des neuen Kardinalstaatsekretärs ist unter Beobachtern umstritten. Einerseits erscheint das Staatsekretariat, die eigentliche bisherige Schaltzentrale des Heiligen Stuhls, in diesen Tagen etwas orientierungslos, andererseits besticht das Argument, dass eventuell zunächst erste strukturelle Veränderungen vollzogen werden sollten, bevor die Personalrochade beginnt. Einige Beobachter rechnen auch für morgen noch mit einigen Ernennungen. Samstag ist ein beliebter Tag im Vatikan für Personalien.
P.S. In Rom wird derzeit heute über einen Artikel der Wochenzeitung „L’Espresso“ diskutiert. Darin berichtet der Vatikanist Sandro Magister über homosexuelle Beziehungen des neuen Prälaten der Vatikanbank IOR, Battista Mario Salvatore Ricca. Ricca war erst am 15. Juni von Papst Franziskus in das Amt berufen worden. Der Prälat ist u.a. ein Bindeglied zwischen der IOR-Kardinalskommission und dem IOR-Aufsichtsrat. Magister berichtet über homosexuelle Affären Riccas und stellt die Frage, ob der Papst vor der Ernennung absichtlich nicht über diese informiert worden sei, oder ob es schlicht eine Fehlentscheidung war. Erste Verschwörungstheorien machen sich breit. Vatikansprecher Federico Lombardi weist die Vorwürfe als „unglaubwürdig“ zurück.
P.P.S. Am Nachmittag hat Papst Franziskus seinen Vorgänger in dessen Zuhause, dem Kloster mater Ecclesiae, im Vatikan besucht. Er bat Benedikt XVI. seine erste Auslandsreise zum Weltjugendtag nach Rio de Janeiro mit seinem Gebet zu begleiten. Nach Vatikanangaben begann das Treffen kurz nach 16 Uhr mit einem gemeinsamen Gebet; anschließend habe es eine herzliche Unterhaltung von einer knappen halben Stunde gegeben. Dabei habe Benedikt XVI. über seine Erlebnisse bei den Weltjugendtagen in Köln (2005), Sydney (2008) und Madrid (2011) berichtet.
P.P.P.S. Nur um den Überblick zu behalten. Es gibt also mittlerweile drei „Reformkommissionen“:
1. die K8-Gruppe (also die acht Kardinäle), die sich mit Reform der Kurie beschäftigt und den Papst bei der leitung der Kirche unterstützen soll.
2. die Untersuchungskommission zur Vatikanbank IOR.
3. die heute eingerichtete Kommission zur Reform der Finzanz- und Wirtschaftsangelegenheiten. Man ist versucht, angesichts der Zusammensetzung von der L7-Gruppe zu sprechen (also sieben Laien).