Alltag im Vatikan
Der päpstliche Alltag hat Franziskus nun endgültig eingeholt. Seit gestern sind die Ad-Limina-Besuche wieder aufgenommen worden. Auch die Sonderaudienzen für Gruppen finden wieder statt: gestern die „Papal Foundation“, heute die Päpstliche Bibelkommission. Gestern ging es also mehr darum, Gönnern der katholischen Kirche für ihr Engagement zu danken; heute stand dann die Theologie im Mittelpunkt. Dabei betonte Franziskus, dass die Bibelauslegung immer in Übereinstimmung mit der kirchlichen Tradition und Lehre erfolgen müsse. Er erinnerte an die Konstitution „Dei Verbum“ des II. Vatikanischen Konzils, in der die „untrennbare Einheit von Heiliger Schrift und Tradition“ betont wird. An der Entstehung dieser Konstitution hatte der junge Theologe und Konzilsberater Joseph Ratzinger entscheidend mitgewirkt. Nun können sicher die meisten Exegeten dieser Verbindung zustimmen. Das Entscheidende ist natürlich wieder die konkrete Umsetzung dieser Prämisse. Hier wird sich zeigen, wie im Pontifikat von Franziskus das Verhältnis von wissenschaftlicher Theologie und kirchlichem Lehramt sein wird.
Vor dem Treffen mit der Bibelkommission besuchte Franziskus das vatikanische Staatssekretariat, sozusagen die Schaltzentrale der katholischen Kirche. Es ist Innministerium, Außenministerium und Staatskanzlei in einem. In den letzten Jahren gab es massive Kritik an der Arbeit der Behörde. Die äußerten mehrere Kardinäle im Vorkonklave. Jorge Mario Bergoglio wurde auch deshalb zum Papst gewählt, weil man ihm zutraut, die Kurie zu reformieren. Eigentlich sollte das Staatssekretariat die Arbeit der Kurienbehörden koordinieren und zusammenführen. Letztendlich hat es diese Aufgabe aber in den letzten Jahren nicht ausreichend umgesetzt. Entsprechend wird erwartet, dass der Papst in Kürze einen neuen Kardinalstaatssekretär ernennt, der die Arbeit optimiert. Es ist zwar nicht damit zu rechnen, dass es schon bald eine große Kurienreform gibt. Dazu braucht es eine entsprechende Vorarbeit. Doch ist eine Reihe von Verbesserungen auch kurzfristig möglich, ohne dass Statuten und Strukturen verändert werden. Dazu gehört ein regelmäßiges Treffen der Chefs der verschiedenen Kurienbehörden, also eine Art Kabinettssitzung – sei es mit oder den Papst. Dazu zählt eine bessere Vernetzung zwischen den Behörden auf Referentenebene und eine Personalrekrutierung nach Qualifikationskriterien und nicht aufgrund von Beziehungen. Für den Besuch im Staatssekretariat nahm Franziskus sich eine knappe Stunde Zeit. Er begrüßte jeden der rund 300 Mitarbeiter persönlich und dankte für die Arbeit.
P.S. Franziskus gewöhnt sich langsam auch daran, dass er Papst ist. Das Beileidstelegramm zum Tod von Kardinal Antonetti unterzeichnete er mit „Franciscus PP.“ In den ersten Tagen ließ er in Briefen das Kürzel „PP“ (Papst) gerne auch mal weg. In seiner Ansprache an die Papal Foundation sprach er gestern nicht nur vom „Bischof von Rom“ sondern auch vom „Hirten der Universalkirche“.