Zwei Männer in Weiß
Es war eine historische Begegnung heute in Castelgandolfo. Papst Franziskus und sein Vorgänger Benedikt XVI. haben sich zum ersten Mal getroffen. 45 Minuten dauerte das Vier-Augen-Gespräch. Danach gab es ein gemeinsames Mittagessen mit den beiden Sekretären, Erzbischof Georg Gänswein und Monsignore Alfred Xuereb. Es war nicht der erste Kontakt der beiden Päpste seit der Wahl Franziskus‘ am 13. März. Zweimal haben die beiden bereits telefoniert. Aber es war die erste direkte Begegnung zweier Päpste seit Jahrhunderten. Über den Inhalt des Gesprächs wurde nichts bekannt. Es dürfte aber wahrscheinlich zum einen um den historischen Schritt des Rücktritts Benedikts XVI. und die Beweggründe gegangen sein sowie auch um die Zukunft der Kirche – und damit auch um Fragen des Personals.
Hier werden ja große Hoffnungen in Franziskus gesetzt. Er will sich Zeit lassen, um seine „Regierungsmannschaft“ mit Bedacht zusammenzustellen. Auch wenn Papst Bergoglio sicher bereits klare Vorstellungen über seine künftigen Mitarbeiter hat, dürfte das heutige Treffen eine wichtige Etappe auf dem Weg der Entscheidungsfindung gewesen sein. Bergoglio kennt durch seine Mitarbeit als Kardinal in verschiedenen Dikasterien die Kurie; auch hatte er in den letzten Tagen bereits intensive Gespräche geführt. Er beriet sich mit Kardinälen, die er auch abseits der offiziellen durch das vatikanische Presseamt bekannt gegebenen Audienztermine getroffen hat. So gab es etwa ein langes Gespräch mit Kardinal Oscar Rodriguez Maradiaga. Der Honduraner kennt sich an der Kurie gut aus; ist durch sein Amt als Präsident von Caritas Internationalis international vernetzt und zudem seit langer Zeit ein Freund des amtierenden Papstes.
Es fällt bereits in den ersten Tagen des neuen Pontifikats auf, wie sich der Fokus verschiebt. Der neue Papst ist trotz seiner internationalen Kontakte und Erfahrungen stark in Lateinamerika verwurzelt; von dort kommen daher auch seine engsten Vertrauten. Der Eurozentrismus am Vatikan, der trotz der Internationalisierung der Kurie in der Folge des II. Vatikanischen Konzils nach wie vor besteht, wird dadurch weiter aufgebrochen werden.
Benedikt XVI. wirkte übrigens beim ersten öffentlichen Auftritt seit seinem Amtsverzicht am 28. Februar stark gealtert. Die Bilder werden sicher die Spekulationen um den Gesundheitszustand des Papa emeritus anheizen; offiziell gibt es keine Stellungnahme zu dem Thema. Dass heute nun gleich zwei Päpste über die Bildschirme flimmern, scheint für die Italiener hier kein Problem zu sein. Sie fanden die Begegnung sehr emotional und könnten sich mit einem Papa emeritus auf Dauer durchaus anfreunden. Das unterscheidet sie von vielen Kurialen und auch Kardinälen. Es gab große Sorgen vor dem heutigen Treffen und der Wirkung der Bilder zweier Männer in Weiß. Die Kritiker sehen durch den Rücktritt das Papstamt beschädigt. Sie hoffen nun sehr, dass Franziskus seinem Vorgänger in diesem Punkt nicht folgen wird.
P.S. Vatikansprecher Lombardi betonte, dass Benedikt XVI. noch einmal sein Versprechen des Gehorsams und der Unterordnung gegenüber dem amtierenden Papst wiederholt habe. Damit nimmt er all jenen den Wind aus den Segeln, die sich mit dem Kurs des neuen Papstes nicht anfreunden können oder wollen und versuchen könnten, hier eine Art Gegenpapsttum zu installieren. Dass Benedikt seinen Platz jetzt in der „zweiten Reihe“ sieht, wurde deutlich, als die beiden Päpste die Kapelle im Apostolischen Palast in Castelgandolfo betraten. Für Franziskus war der Ehrenplatz mit weißem Stuhl und Kniebank in der Mitte gerichtet, den er zunächst auch ansteuerte. Als er aber sah, dass Benedikt XVI. sich zur zweiten Reihe begab, ging auch Franziskus dorthin. Benedikt wollte ihn davon abhalten mit der Begründung, Franziskus sei doch der Papst; doch Franziskus ließ das nicht gelten. Mit den Worten „Wir sind Brüder!“ kniete er sich mit Benedikt zusammen in die zweite Reihe.