Ökumene und Respekt der Religionen

Tag eins nach der Amtseinführung des neuen Papstes stand heute ganz im Zeichen der Ökumene und des interreligiösen Dialogs. Franziskus traf sich mit den Delegationen, die gestern zum feierlichen Gottesdienst nach Rom gekommen waren. Dabei ließ er keinen Zweifel daran, dass er den Weg des Dialogs fortsetzen möchte. „Ich möchte von meiner Seite versichern, dass ich wie meine Vorgänger den festen Willen habe, den Weg der Ökumene fortzusetzen.“ Aufsehen erregte seine Anrede für den Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel, Bartholomäus I., als „Bruder Andreas“. Bartholomäus ist Nachfolger des Apostels Andreas; doch diese vertraute Anrede ließ aufhorchen. An die „lieben Freunde“ der anderen Religionen gewandt, stellte er fest: „Die katholische Kirche ist sich der Bedeutung bewusst, die die Förderung der Freundschaft und des Respekts zwischen Männern und Frauen der verschiedenen Religionen hat.“ Ausdrücklich wiederholte Franziskus diesen Satz und fuhr fort, die Religionen könnten viel dazu beitragen, den Armen, Schwachen und Leidenden zu helfen, sowie Gerechtigkeit und Versöhnung zu fördern und so den Frieden aufzubauen.

Franziskus bleibt, wie bei solchen Begegnungen üblich, allgemein. Aber die grundsätzliche Linie ist klar. Trotz aller Unterschiede des neuen Pontifex, die in den letzten Tagen schon deutlich wurden, bleiben Konstanten, bis hinein in einzelne Gedanken. Man sah seinen Vorgänger, Benedikt XVI., förmlich vor sich, als Franziskus erklärte: „Wir wissen, wie viel Gewalt in der jüngeren Geschichte ausgeübt wurde beim Versuch, Gott zu eliminieren.“ Konfessionen und Religionen seien aufgefordert, gemeinsam die Würde des Menschen zu verteidigen, an einem friedlichen Zusammenleben der Völker mitzuarbeiten und die Schöpfung mit Sorgfalt zu pflegen. Hier klangen wieder die drei Motive an, die der neue Papst aus seiner Namenswahl ableitet: Armut, Frieden und Bewahrung der Schöpfung, die drei Grundkonstanten seines Pontifikats.

Franziskus wirkte heute am Ende der Audienz beim Shakehands etwas müde. Das verwundert nicht. Die vergangenen Tage und Wochen waren anstrengend und man darf nicht vergessen, der neue Papst ist bereits 76 Jahre alt. Trotzdem hat er heute im Gespräch mit Brasiliens Präsidentin Rousseff seine Teilnahme am Weltjugendtag im Juli in Rio de Janeiro bestätigt und zugleich angekündigt, dass er nach dem WJT auch den brasilianischen Marienwallfahrtsort Aparecida besuchen möchte. Laut Kardinal Salazar Gomez, dem Erzbischof von Bogota, hat Franziskus auch eine Einladung nach Kolumbien angenommen; aber ohne konkreten Termin. Das gilt auch für den Besuch in seiner argentinischen Heimat. Vor Ostern dürfte bezüglich der Reisepläne wohl kaum etwas Konkretes zu erfahren sein, auch wenn im vatikanischen Staatssekretariat in diesen Tagen stets bis spät in die Nacht gearbeitet wird. Auch weit nach 22 Uhr sind die Fenster hoch über dem Petersplatz derzeit oft hell erleuchtet.

Auf dem Petersplatz laufen bereits die Vorbereitungen für Palmsonntag.

In den italienischen Medien wird unterdessen fleißig über die Reform der Kurie und die Regierungsmannschaft des neuen Papstes spekuliert. Erste Entscheidungen sind für nach Ostern zu erwarten. Unterdessen gab es heute noch einmal eine Erklärung des Jesuitenpaters Franz Jalics. Er ist einer der beiden Jesuiten, die von den argentinischen Militärs in der Diktaturzeit gefangen genommen worden waren. Jalics stellt in der heutigen Erklärung nun unmissverständlich klar, dass die beiden nicht „von Pater Bergoglio angezeigt wurden“. In einer ersten Erklärung vom vergangenen Freitag hatte er noch formuliert, dass er keine Stellung „zur Rolle von P. Bergoglio in diesen Vorgängen“ nehmen könne. Nun also die Präzisierung. Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung hatte am vergangenen Wochenende aus einem Brief zitiert, den der damalige Jesuitenobere Bergoglio an die Familie Jalics geschrieben hatte. Darin versicherte Bergoglio, das es alles tun werde, um die beiden Jesuiten aus der Gefangenschaft frei zu bekommen. Grundtenor des Bericht der FAS war, dass den damalige Jesuitenoberen keine Schuld an der Verhaftung der beiden Patres treffe. Die neue Erklärung Jalics bringt nun ein weiteres Stück Licht ins Dunkel; doch für eine abschließende Bewertung scheint es noch etwas früh.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.