Kirche der Armen

Das waren heute einmal mehr starke Worte und Zeichen, die Papst Franziskus gesetzt hat. Bei der Audienz für die rund 6.000 Medienvertreter, die über den Pontifikatswechsel derzeit aus Rom berichten, erzählte der neue Pontifex scherzend über die Ereignisse rund um seine Namenswahl im Konklave sowie seine Vorstellung von der Kirche. Die zentralen Stichworte dabei: Armut, Frieden und Bewahrung der Schöpfung. Alle drei Elemente findet er in seinem „Namensgeber“: Franz von Assisi.

Es war wohl der brasilianische Kardinal Claudio Hummes, selbst Franziskaner, der neben Bergoglio im Konklave saß. Als der Argentinier die notwendige 2/3-Mehrheit erreicht hatte, habe Hummes ihn umarmt und gesagt: „Vergiss die Armen nicht!“ Er habe dann sofort an Franz von Assisi gedacht, so der neue Papst; dann habe er an die Kriege gedacht und Franz sei ja ein Mann des Friedens. So habe er sich für diesen Namen entschieden. Dazu komme noch, dass Franz von Assisi die Schöpfung achte. „In diesem Augenblick haben wir mit der Schöpfung nicht gerade eine gute Beziehung, oder?“ Und dann kam ein Satz, der dem Papst wirklich aus dem Herzen zu kommen schien: „Ach, wie sehr möchte ich eine arme Kirche und eine Kirche der Armen!“

Viel Beifall gab es für diese Worte Franziskus’, viel Gelächter, als er erzählte, dass einige ihm geraten hätten, sich Hadrian zu nennen, denn Hadrian VI. sei ein Reformer gewesen und es brauche Reformen; oder Clemens XV., so könnte er sich an Clemens XIV. rächen, der im 18. Jahrhundert den Jesuitenorden aufgehoben hatte. Doch die Entscheidung stand für Bergoglio fest: Franziskus. Der Papst äußerte sich heute Morgen auch zum Thema Kirche und Medien. Er zeigte Respekt für die Arbeit der Journalisten; erinnerte zugleich daran, dass sie der Wahrheit verpflichtet seien.

Mit einer kleinen Sensation endete das Treffen mit den Medienvertretern. Franziskus erteilte nicht höchst offiziell und öffentlich den Segen. Das war bisher bei solchen Veranstaltungen üblich. Sondern nach der Begrüßung einiger Medienvertreter, die zum Teil sehr herzlich war, sagte er: „Ich habe gesagt, dass ich Ihnen von Herzen meinen Segen erteilen würde. Da aber viele von Ihnen nicht der katholischen Kirche angehören, andere nicht gläubig sind, erteile ich von Herzen diesen Segen in Stille jedem von Ihnen mit Respekt vor dem Gewissen jedes einzelnen, aber im Wissen, dass jeder von Ihnen ein Kind Gottes ist. Gott segne Sie.“ Sprach es, winkte lächelnd in die Menge und verlies die Audienzhalle.

Der nächste kleine Paukenschlag kam am frühen Nachmittag. In einer Erklärung des Presseamts heißt es, dass Franziskus die Chefs der vatikanischen Behörden im Amt bestätigt. Doch es blieb nicht bei der sonst üblichen Formulierung „donec aliter provideatur“ („solange nichts anderes vorgesehen ist“), die ja bereits eine Vorläufigkeit enthält; sondern es wurde eigens erwähnt, dass die Bestätigung nur „provisorisch“ ist und dass Franziskus sich eine Zeit des Nachdenkens, Gebets und der Gespräche vorbehält, bevor er endgültige Ernennungen und Bestätigungen vornimmt. Deutlicher kann man es nicht sagen, dass wohl der Stuhl so manches Kurienchefs wackelt. Franziskus hat damit zunächst einmal Sicherheit dafür geschaffen, dass das Alltagsgeschäft in der Kurie weitergehen kann, zugleich aber auch signalisiert, dass er sehr schnell handeln und eigene Akzente setzen will.

Der Vatikan gab heute das Programm des Papstes für die nächsten Tage bekannt. Am morgigen Sonntag das erste Angelusgebet vom Fenster des Arbeitszimmers im Apostolischen Palast aus. Montagmittag trifft Franziskus die Präsidentin seines Heimatlands Christina Kirchner. Das Verhältnis der beiden war bis dato nicht besonders gut. Dienstag dann die große Messe zum Beginn des Pontifikats mit der Übergabe des Fischerrings und des Palliums durch Kardinaldekan Angelo Sodano an Franziskus. Im Anschluss trifft der Papst kurz die politischen Delegationen im Petersdom. Aus Deutschland kommen unter anderem Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundestagspräsident Norbert Lammert und Bundesratspräsident Winfried Kretschmann. Mittwoch trifft Franziskus die ökumenischen Delegationen, die an seiner Amtseinführung teilnehmen. Wird er hier erste Akzente setzen? Politisch geht es Freitag zu beim Empfang des beim Heiligen Stuhl akkreditierten diplomatischen Korps. Samstag dann der schon lange erwartete Besuch bei Benedikt XVI. in Castelgandolfo. Die beiden treffen sich zum Mittagessen in der päpstlichen Sommerresidenz. Dem Vatikan unterlief bei der Ankündigung ein kleiner Fehler. Bei der Nennung Benedikts XVI. wurde der Zusatz „emeritus“ vergessen. So treffen sich nun der „Heilige Vater“ Franziskus und „Papst“ Benedikt XVI. Es geht schon los, mit der Zeit der zwei Päpste.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.