Mission impossible?

Die Anspannung ist groß, größer als vor früheren Papstreisen. Das war zumindest mein Gefühl heute Morgen, als ich im vatikanischen Presseamt die Unterlagen für den Flug in der Papstmaschine abholte. Schon oft hieß es vor einer Reise Benedikts XVI., es sei die „schwierigste des Pontifikats“. Diesmal scheint der Superlativ wirklich zutreffend – und das nicht erst seit den Angriffen auf diplomatische Vertretungen der USA in Libyen und Ägypten. Zu den Protesten gegen einen Amateurfilm, der den Propheten Mohammed verunglimpft, kommen der Syrienkonflikt, die ohnehin seit Jahrzehnten instabile Lage im Nahen Osten und das schwierige Zusammenleben der Religionen in der Region.
Auffallend ist, dass der Pressesprecher des Vatikans sich gestern und heute gleich zweimal zu den jüngsten Gewaltaktionen äußerte. Ist man im Vorfeld der Reise doch etwas nervös? Der Sprecher verurteilte die Gewalt; betonte aber zugleich, dass der Respekt für den Glauben, die Schriften und Personen der unterschiedlichen Religionen Voraussetzung für ein friedliches Zusammenleben seien. Deutlich wie selten zuvor verurteilt der Vatikan die Schmähung des Propheten. Für die Gewalt hat er aber auch kein Verständnis. Ein klares Signal an die Muslime. Kann der Papst bei seinem dreitägigen Besuch im Libanon weitere Zeichen setzen? Er muss, sind sich die Journalisten kurz vor Reisebeginn einig. Doch das wird schwierig, angesichts der politischen und religiösen Gemengelage. Benedikt XVI. ist weniger ein Mann der Gesten als vielmehr der Worte. Und die müssen sorgsam abgewogen werden angesichts der heiklen Situation. Hier ist mehr der Politiker-Papst gefragt als der Professor. Oder wird die Stärke am Ende darin liegen, dass Benedikt, wie so oft, bewusst unpolitisch bleibt, um als geistliche Führungsfigur zu punkten? Er selbst sieht seine Reise als Pilgerfahrt für den Frieden in der ganzen Region. Die Menschen im Nahen Osten wünschen sich nichts sehnlicher, als dass er Erfolg haben möge mit seiner Mission.

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Jürgen Erbacher

Seit August 2024 leite ich die ZDF-Redaktion "Religion und Leben", in der die Redaktion "Kirche und Leben katholisch", deren Leiter ich seit Juli 2018 war, aufgegangen ist. Für das ZDF arbeite ich seit 2005 und berichte über Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.