Papst: „Gott liebt jeden Menschen, auch den schlimmsten“

Traditionell hat Papst Franziskus zu Weihnachten an die Krisen und Konflikte auf der Welt erinnert und zu Versöhnung aufgerufen. Scharf kritisierte er in seiner Weihnachtsbotschaft die Gleichgültigkeit angesichts des Schicksals der Menschen, die aufgrund von Armut, Krieg und Ungerechtigkeit ihre Heimat verlassen müssten. In der Christmette betonte er die bedingungslose Liebe Gottes gegenüber allen Menschen. Der Mensch solle darauf wiederum mit selbstlosem Handeln antworten, so der Papst. „Wir verändern uns, die Kirche verändert sich, die Geschichte verändert sich, wenn wir anfangen, nicht die anderen verändern zu wollen, sondern uns selbst, indem wir aus unserem Leben eine Gabe machen“, erklärte Franziskus im vollbesetzten Petersdom.

An der Seite des Papstes beim Urbi et orbi: Kardinal Konrad Krajewski, der Päpstliche Almosenmeister. Er kümmert sich im Auftrag des Papstes um konkrete Hilfsprojekte für Migranten und Notleidende in Rom, Lampedusa und anderen Orten. (Quelle: reuters)

Die Ungerechtigkeit gegenüber Migranten

Franziskus ließ kaum einen Konflikt aus in seiner traditionellen Weihnachtsansprache vor dem Segen Urbi et Orbi. Doch einmal mehr fällt auf, dass er zu den Ereignissen in Hongkong schweigt. Das Heilige Land, Syrien, Irak und Jemen erwähnte er ebenso, wie die Konflikte in Afrika, die politischen Spannungen in vielen Ländern Südamerikas, allen voran Venezuela, und den Konflikt in der Ukraine. Er bat um Schutz für diejenigen, die wegen Gewalt, Naturkatastrophen „und anderem Unrecht in der Hoffnung auf ein sicheres Leben emigrieren müssen“.

Es sei die Ungerechtigkeit, die diese Menschen dazu zwinge, „Wüsten und Meere, die zu Friedhöfen werden, zu überqueren“. Es sei die Ungerechtigkeit, die diese Menschen dazu zwinge, „unsagbare Misshandlungen, Knechtschaft jeder Art und Folter in den unmenschlichen Auffanglagern zu ertragen“. Es sei die Ungerechtigkeit, „die sie abweist von Orten, wo sie eine Hoffnung auf ein würdiges Leben haben könnten und die sie auf Mauern der Gleichgültigkeit stoßen lässt“.

Von der selbstlosen Liebe

In der Christmette sprach Franziskus von der selbstlosen Liebe, die jeder Mensch von Gott empfange und seinerseits zu einer Gabe für die Anderen machen solle. Jesus habe die Geschichte verändert, indem er sein Leben zur Gabe gemacht habe. Veränderung müsse daher immer beim Einzelnen selbst anfangen. „Wir verändern uns, die Kirche verändert sich, die Geschichte verändert sich, wenn wir anfangen, nicht die anderen verändern zu wollen, sondern uns selbst, indem wir aus unserem Leben eine Gabe machen.“ Das Fazit des Papstes: „Warten auch wir nicht darauf, dass der Nächste rechtschaffen wird, um ihm Gutes zu tun, dass die Kirche vollkommen ist, um sie zu lieben.“

Wenn man so handle, werde man keine Ausreden mehr haben. „Was im Leben schiefgeht, was in der Kirche nicht funktioniert, was in der Welt nicht in Ordnung ist, wird nicht mehr eine Rechtfertigung sein“, betonte Franziskus. Die Ausführungen des Kirchenoberhaupts zeigen, dass er sich der Fehler und Unvollkommenheit in der Kirche bewusst ist. Einzelne Probleme, wie den Missbrauch, Finanzskandale, Seilschaften und dergleichen sprach er nicht explizit an. Das war aber auch nicht der Fokus seiner Predigt.

Ruhiges Weihnachtsfest im Vatikan

Ihm ging es, beinahe schon in einer protestantischen Tradition darum, die bedingungslose Liebe Gottes gegenüber dem Menschen zu betonen und sich die Frage zu stellen, was daraus für den einzelnen Menschen in seinem Handeln folgen muss. „Wie oft denken wir, dass Gott gut ist, wenn wir gut sind, und dass er uns straft, wenn wir böse sind. So ist es nicht,“ lautete die Botschaft. „Im Guten und im Schlechten, in der Gesundheit und der Krankheit, in Glück oder Traurigkeit, in seinen Augen erscheinen wir schön: nicht aufgrund dessen, was wir tun, sondern aufgrund dessen, was wir sind.“

2019 war ein eher ruhiges Weihnachtsfest im Vatikan. Keine schrillen Töne. Papst Franziskus mahnt zum Frieden und prangert Ungerechtigkeit an. Im Mittelpunkt stand eher die Mut machende Botschaft: „Gott liebt Dich, wie Du bist. Mach etwas daraus und setze Dich in der Nachfolge Jesu für Veränderungen hin zu einer besseren Welt ein!“ Eigentlich eine schlicht Botschaft, die allerdings schon innerkirchlich allzu oft schwer umsetzbar zu sein scheint.

P.S. Wir wünschen allen ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest.

Autorenbild

Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.

4 Kommentare

  • Novalis
    28.12.2019, 20:45 Uhr.

    McCarrick hat übrigens an JP2 einen fünfstelligen und an B16 einen sechsstelligen Betrag gespendet. Ob das Gelder waren, die diese Herren Päpste ihm gewogen machen sollten?

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