Zwischen Rom und Fulda

In Rom gibt es einen Hausarrest und die Botschaft zum Welttag der Migranten, in Fulda treffen sich die deutschen Bischöfe zu ihrer Herbstvollversammlung. Baustellen haben die Bischöfe viele, an denen sie arbeiten müssen. Am Montag hatte ich ja einige auf der heute.de zusammengetragen. Parallel dazu gehen die Diskussionen im Vorfeld der Familiensynode weiter. Kardinal Marx, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz erklärte am Montag auf meine Frage hin, wie der Streit unter den Kardinälen, der ja vor allem in Rom derzeit ausgetragen wird, einzuordnen ist, Streit habe es immer in der Kirche gegeben und Papst Franziskus wolle diese Diskussionen. Diese Kontroversen werden uns noch einige Zeit erhalten bleiben, denn wie der Synodensekretär Kardinal Baldissseri Anfang der Woche erklärte, Ergebnisse und ein päpstliches Dokument gibt es erst nach der zweiten Synode, die im Herbst 2015 stattfinden wird.

Der Papst und die Synode

Was der Papst genau will in Bezug auf Ehe und Familie ist nicht bis ins Detail klar. Berichte aus Gesprächen des Papstes mit einzelnen Bischöfen oder Bischofsgruppen sind immer nur bedingt belastbar. Es reicht allerdings aus, wenn man sich auf seine offiziellen Texte und Entscheidungen stützt, um eine Richtung zu erkennen. Erst jüngst hat er bei der Einsetzung der Kommission zur Reform der Eherechtsprozesse verfügt, dass die Unauflöslichkeit der Ehe bewahrt werden soll. Das ist doch schon einmal ein Wort. Er hat den Vortrag von Kardinal Kasper beim Konsistorium, dem Treffen der Kardinäle, im Februar wohlwollend beurteilt und als „profunde Theologie“ bezeichnet. In Kaspers Ausführungen habe er das gefunden, was der heilige Ignatius von Loyola als „Liebe zur Kirche – sensus ecclesiae“ bezeichnet habe.

Kaspers Vortrag umfasste übrigens wesentlich mehr als nur den Abschnitt über die wiederverheirateten Geschiedenen. Aber schon in der Diskussion beim Konsistorium konzentrierte sich die Diskussion auf diese Passage. Es liegt also nicht nur an den Medien, dass es diese Fokussierung im Vorfeld der Synode gibt. Wie schon früher gesagt, befeuern ja im Moment gerade auch die Kardinäle, die gegen eine Änderung bei den wiederverheirateten Geschiedenen sind, die Konzentration auf dieses Thema. Dazu muss man übrigens noch feststellen, dass der Text von Kardinal Gerhard Ludwig Müller in dem Buch der fünf Kardinäle, das Anfang Oktober auf den Markt kommt, derselbe Text ist, den der Präfekt der Glaubenskongregation im Sommer 2013 in der Zeitung „Die Tagespost“ veröffentlicht hat. Die Frage ist daher, in wie weit die Texte in dem neuen Buch wirklich als eine Reaktion auf Kaspers Rede angesehen werden können. Das sollen sie laut Vorwort aber sein. Auch die Texte anderer Kardinäle in dem Buch sind früher schon einmal veröffentlicht worden. Das betonte Kardinal Velasio De Paolis am Wochenende in einem Zeitungsinterview. Er habe seine Position zum Ausdruck bringen wollen, werde sich aber gegebenenfalls einem anderslautenden Votum der Bischofssynode beugen. „Damit hätte ich kein Problem.“ Er wies den Vorwurf zurück, Gegner einer Änderung der kirchlichen Lehre zu wiederverheirateten Geschiedenen hätten sich zu einem Komplott zusammengeschlossen.

Kaspers Idee

Der Vorsitzende der katholischen Bischofskonferenz von England und Wales, Kardinal Vincent Nichols, sprach sich jetzt für eine „Kultur der Barmherzigkeit“ gegenüber wiederverheirateten Geschiedenen aus. Dabei betonte auch Nichols, dass er an der Unauflöslichkeit der Ehe festhalten wolle. Die Kirche könne aber die „Zerbrechlichkeit der menschlichen Realität“ nicht ignorieren. Kardinal Walter Kasper hatte in der Diskussion  vergangene Woche auch noch einmal präzisiert, dass er nicht an der Unauflöslichkeit rütteln möchte. Er erinnerte an die Lehre des II. Vatikanischen Konzils von der Kirche. Das Konzil gehe davon aus, dass die wahre Kirche Jesu Christi in der katholischen Kirche verwirklicht sei. Dennoch erkenne das Konzil an, dass es auch außerhalb der Kirche Elemente der Kirchlichkeit gebe. Wenn nun die Familie als Hauskirche bezeichnet werde, könnte man dann nicht analog sagen: In der ersten gültig geschlossenen und vollzogenen Ehe ist eine sakramentale Ehe in vollem Sinn verwirklicht, die auch nicht zu lösen ist. In einer zweiten Beziehung, wenn sie bestimmte Voraussetzungen erfüllt, könnte es aber Elemente von Sakramentalität geben.  Die Kirche, die das Sakrament, das Zeichen der Barmherzigkeit Gottes in der Welt sei, müsse den Menschen, deren Beziehungen gescheitert sind, nahe sein, ihnen helfen und sie ermutigen. „Ein Christ in dieser Situation braucht besonders die Gnade der Sakramente“, so Kasper gegenüber der Internetseite VaticanInsider. Er meint damit die Sakramente der Buße und der Eucharistie.

Vorurteile gegenüber Migranten abbauen

Gestern hat der Vatikan die Botschaft von Papst Franziskus zum Welttag der Migranten 2015 veröffentlicht. Darin fordert der Papst eine bessere internationale Zusammenarbeit bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise. Zugleich ruft er zum Abbau von Vorurteilen gegenüber Flüchtlingen auf. Hier sieht Franziskus gerade auch die Gläubigen in der Pflicht. Christen müssten bereit sein, ihre Ressourcen mit Flüchtlingen, Vertriebenen und Heimatlosen zu teilen und „manchmal auf etwas von unserem erworbenen Wohlstand zu verzichten“, schreibt Franziskus. Wie so oft, nimmt er vor allem die Zielländer der Flüchtlinge in den Blick und weniger deren Herkunftsländer. Dies wird in Bezug auf seine Äußerungen zum Thema von Kritikern angemerkt. Allerdings bemerkt er in der Botschaft an einer Stelle, dass die Bemühungen verstärkt werden müssten, „Bedingungen zu schaffen, die geeignet sind, eine fortschreitende Verminderung der Gründe zu gewährleisten, welche ganze Völker dazu drängen, aufgrund von Kriegen und Hungersnöten, die sich häufig gegenseitig bedingen, ihr Geburtsland zu verlassen.“

Prozess gegen ehemaligen Nuntius

Was das Vorgehen im Falle des ehemaligen Nuntius in der Dominikanischen Republik, Erzbischof Jozef Wesolowski, anbetrifft, so ist er in der Tat derzeit erst einmal unter Hausarrest – seit gestern. Einer Untersuchungshaft entgeht Weselowski aktuell nur aufgrund seines wohl schlechten Gesundheitszustandes. Zugleich hat der Vatikan jetzt nach dem kirchenrechtlichen Verfahren auch ein zivilrechtliches Verfahren eingeleitet. Im kirchenrechtlichen Verfahren der Glaubenskongregation wurde der Nuntius in erster Instanz ja aus dem Klerikerstand entlassen. Der 66-Jährige ging allerdings in Berufung, so dass dieses Urteil noch nicht rechtskräftig ist. Vatikansprecher Lombardi erklärte heute, dass dem Kleriker bis zu sieben Jahren Haft drohen. Der aus Polen stammende Geistliche werde des sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen sowie des Besitzes von Kinderpornographie beschuldigt. Mit dem Hausarrest habe man eine Flucht sowie die Beeinträchtigung von Beweismaterial verhindern wollen. Der Prozess solle Ende diesen oder Anfang nächsten Jahres beginnen.

So – der Text ist schon wieder sehr lang. Daher gibt es zur Bischofsvollversammlung dann zum Wochenende hin eine Zusammenfassung der Diskussionen, Beschlüsse und des Geflüsters am Rande.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.