Neymeyr neuer Bischof in Erfurt

Das lange Warten hat ein Ende. Papst Franziskus hat Ulrich Neymeyr zum neuen Bischof von Erfurt ernannt. Der 57-Jährige stammt aus dem Bistum Mainz und war seit 2003 dort Weihbischof. Knapp zwei Jahre dauerte die Vakanz im Bistum Erfurt. Neymeyrs Vorgänger Joachim Wanke war zum 1. Oktober 2012 aus gesundheitlichen Gründen im Alter von 71 Jahren in den Ruhestand getreten. Ähnlich wie sein Vorgänger Wanke gilt Neymeyr als Seelsorger, der auf die Menschen zugehen und zuhören kann. Für viele ist der gebürtige Wormser sicher ein Überraschungskandidat. Denn in den letzten Monaten wurden bei verschiedenen Bischofsernennungen zwar viele Namen gehandelt, der des Mainzer Weihbischofs war allerdings nicht darunter.

Kandidat sagte ab

Der Unmut war groß in den letzten Monaten, dass es mit der Nachfolgeregelung für Bischof Wanke so lange dauert. Vakanzen bis zu einem Jahr sind in Deutschland aufgrund der Konkordatsregelungen und der Wahlmöglichkeit in den meisten Bistümern – außer Bayern – zwar keine Seltenheit. Doch dass es zwei Jahre dauert, das gab es bisher noch nicht. Als dann im Juli nach nur viereinhalb Monaten Vakanz in Köln Kardinal Woelki zum Nachfolger von Kardinal Meisner ernannt worden war, kamen zunehmend kritische Töne aus Erfurt gen Rom. Allerdings war der Vatikan an der Misere nicht alleine Schuld. Denn es hatte bereits eine Dreierliste aus Rom gegeben und auch eine Wahl des Domkapitels. Doch der Auserwählte, ein Weihbischof, sagte „Nein“.

Damit hatte man in Rom nicht gerechnet. Die Situation rief Juristen auf den Plan mit der Frage, was ist nun zu tun? Ist damit das Wahlrecht des Domkapitels verwirkt? Das konnte ja allerdings nichts dafür, dass der Kandidat ablehnte. Muss eine komplett neue Dreierliste erstellt werden oder reicht es aus, den nach einer Absage frei gewordenen Platz mit einem neuen Kandidaten zu besetzen? Prominente deutsche Kirchenvertreter drängten in Rom darauf, sich nicht in grundsätzlichen Fragen zu verzetteln, sondern den Erfurtern möglichst schnell einen neuen Bischof zu bescheren. Und so entschied man sich dem Vernehmen nach in Rom, keine komplett neue Liste zu erstellen, sondern nur die frei gewordenen Stelle neu zu besetzen: mit dem Mainzer Weihbischof Neymeyr.

Neymeyr ist Überraschung

Das ist, wie gesagt, eine Überraschung. Denn bei den vergangenen Besetzungen deutscher Bischofsstühle wurden in den letzten Monaten immer wieder ähnliche Namen gehandelt, wie etwa die der Kölner Weihbischöfe Dominikus Schwaderlapp und Ansgar Puff oder des Berliner Weihbischofs Matthias Heinrich. Neymeyr war nicht dabei. Unter den Bischöfen zählt er zu den Vertretern, die lange Jahre in der Gemeindeseelsorge tätig waren, darunter sieben Jahre als Pfarrer in Rüsselsheim. Er kennt die Lebenssituation der „einfachen Leute“. Neymeyr gehört auch nicht zu den Bischöfen, die durch markige Worte auf sich aufmerksam machen und für Schlagzeilen sorgen. Er ist eher ein stiller Typ, der mehr das Gespräch mit den Menschen sucht als die erste Reihe und das Rampenlicht. Vielleicht haben ihm deshalb auch manche einen Posten als Ordinarius, also Diözesanbischof, nicht zugetraut und ihn deshalb nie auf den Listen der Kandidaten geführt.

Für Mainz bedeutet der Weggang Neymeyrs einen Einschnitt. Kardinal Karl Lehmann verliert seinen wichtigsten Mitarbeiter. Lehmann kann die Unterstützung eines Weihbischofs gut gebrauchen. Doch nach dem frühen, krankheitsbedingten Tod von Weihbischof Werner Guballa im Februar 2012 und der Beförderung Neymeyrs ist er nun alleine als Bischof im Bistum Mainz. Zwar gehört der 77-jährige Kardinal nach wie vor zu den Vordenkern in der Deutschen Bischofskonferenz und ist weit über die Bistumsgrenzen hinaus aktiv, doch zollen das Alter sowie ein Knieleiden ihren Tribut. Nach dem Tod Guballas hatte Lehmann keinen neuen Weihbischof mehr von Rom erbitten wollen, unter anderem, um einen Nachfolger als Bischof von Mainz nicht durch die eigenen Präferenzen zu konditionieren.  Doch jetzt hat Lehmann sofort angekündigt, er „werde unverzüglich Papst Franziskus bitten, der Wiederbesetzung der Stelle zuzustimmen“.

Fortsetzung des Generationenwechsels

In der Bischofskonferenz ist mit Neymeyr der dritte Ordinarius der jungen Generation in einem Jahr ernannt worden nach den Bischöfen Stefan Oster (49) in Passau und Stephan Burger (52) in Freiburg. Dazu kommt der neue Erzbischof von Köln, Kardinal Rainer Maria Woelki (58), der morgen in sein Amt eingeführt wird. Der Generationenwechsel an der Spitze der katholischen Kirche in Deutschland setzt sich fort. Die Erzbischofsstühle in Hamburg und Berlin sind vakant. Dazu der Bischofsstuhl in Limburg. In Berlin rechnen einige noch in diesem Jahr mit einer Neubesetzung. In Hamburg könnte es noch etwas dauern, da Erzbischof Werner Thissen erst Mitte März 2014 in den Ruhestand gegangen ist. Zeitabläufe für das Bistum Limburg zu benennen, wagt derzeit niemand. Ungewöhnlich war die Audienz für den Nuntius in Deutschland, Erzbischof Nikola Eterović, vergangenen Freitag bei Papst Franziskus. Der Pontifex empfängt Nuntien selten, meist vor ihrem Dienstantritt auf einem neuen Posten und dann, wenn es besondere Gründe gibt. In Deutschland gibt es aktuell nicht das große Problem, aber eben viele kleine Baustellen. Dazu gehören die anstehenden Bischofsernennungen, das Bistum Limburg, aber auch der bald wieder anstehende Ad-Limina-Besuch der deutschen Bischöfe. Am Montag wird Eterović zum Auftakt der Herbstvollversammlung der Bischofskonferenz nach Fulda kommen. Vielleicht hat er dann mehr als nur Grüße des Papstes im Gepäck.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.