Papst reformiert Finanzen des Vatikan

Jetzt sind die Reformen der vatikanischen Finanzwelt auch offiziell, die hier schon in der vergangenen Woche vorgestellt wurden: Die Apostolische Güterverwaltung wird wie die Vatikanbank IOR „zerschlagen“ und bleibt am Ende „nur“ Zentralbank, die Vatikanbank IOR wird eine Art Girozentrale und die Vermögensverwaltung wird ausgelagert. Dazu gibt es jede Menge neue Köpfe, darunter auch zwei Deutsche. Für die Medien gibt es eine Kommission, die in den nächsten 12 Monaten eine Reform des Mediensektors erarbeiten soll. Bereits gestern hatte die Vatikanbank IOR erste Zahlen der Jahresbilanz 2013 vorgestellt mit einem Gewinneinbruch und jede Menge Informationen zur Säuberungsaktion der letzten 16 Monate.

Künftig Franzose Chef der Vatikanbank

Die Finanzreform im Vatikan tritt in Phase zwei. Daher ist es aus Sicht des Papstes und seines Finanzministers, Kardinal George Pell, gut, das Personal auszutauschen. Der bisherige Chef der Vatikanbank, Ernst von Freyberg, sowie der fünfköpfige IOR-Aufsichtsrat mit dem Deutschen Ronaldo Schmitz und dem mächtigen Chef der Kolumbusritter Carl Anderson müssen gehen. Dafür kommen fünf neue Laien und ein neuer Chef für die Vatikanbank, der französische Wirtschaftswissenschaftler und Unternehmensberater Jean-Baptiste de Franssu. Neu im Aufsichtsrat ist der deutsche Finanzexperte und ehemalige Deutsche Bank Aufsichtsratsvorsitzender Clemens Boersig. Außerdem berief der Papst die US-Juristin Mary Ann Glendon und den britischen Finanzfachmann Michael Hintze in den Aufsichtsrat. Zwei weitere Mitglieder sollen in Kürze benannt werden. Da scheint es noch Abstimmungsbedarf zu geben hinter den Kulissen.

Insgesamt präsentierte Finanzminister Kardinal Pell heute vier Projekte: Die APSA wird zerschlagen. Die bisherige erste Sektion geht in das neu geschaffene Sekretariat für Wirtschaft von Kardinal Pell über. Die Aufgaben sind unter anderem die Buchführung, Aufstellen von Haushaltsplänen und Bilanzen sowie die Immobilienverwaltung. Die bisherige „außerordentliche Sektion“ der APSA wird damit alleinige Aufgabe der Behörde: die Zentralbankfunktion, um „die Liquidität und Finanzstabilität des Heiligen Stuhls zu sichern“.

Rentenfonds und Medien vor Reformen

Zweitens muss der Vatikan seinen Rentenfonds auf Zukunftstauglichkeit prüfen. Laut Kardinal Pell sind die Pensionen „für die aktuelle und die künftige Generation“ gesichert. Wie es mit der Zeit danach aussieht, müsse jetzt überprüft werden. Dazu wurde eine Expertengruppe eingesetzt, die bis Jahresende sich einen Überblick verschaffen und Optionen für die Zukunftssicherung des Pensionsfonds vorlegen soll. Dem Vernehmen nach gibt es hier einiges zu tun. In der Vergangenheit soll es hier bereits Liquiditätsengpässe gegeben haben. Pell berief ein Expertenteam bestehend aus vier Laien, darunter der Österreicher Bernhard Kotanko, sowie Vertretern des Pensionsfonds, des Staatssekretariats und von Pells Behörde.

Ein weiteres Komitee soll die Reform des vatikanischen Mediensektors vorbereiten. Ziel sei es, eine bessere Koordination und die Einsparung von Finanzmitteln zu erreichen. Inhaltliche Vorgabe ist, die neuen Nutzungsverhalten im Zeitalter der digitalen Medien zu berücksichtigen und zu garantieren, dass die Botschaft des Papstes möglichst viele Menschen weltweit erreicht, vor allem auch die Jugend. Das Komitee setzt sich aus externen Experten sowie Vertretern der verschiedenen vatikanischen Medienbereiche zusammen unter der Leitung von Lord Christopher Patten, dem ehemaligen britischen Gouverneur von Hongkong und Chef des BBC-Trusts, eine Art Rundfunkrat. Aus Deutschland ist Daniela Frank in dem Gremium vertreten. Sie ist Geschäftsführerin des Catholic Media Councils in Aachen.

Die vierte Baustelle ist schließlich die Vatikanbank IOR mit den bereits vor einigen Tagen genannten Veränderungen. Der neue Präsident de Franssu wird Vollzeit im Vatikan arbeiten. Ernst von Freyberg war immer nur einige Tage im Monat da. Die Vermögensverwaltung wird ausgelagert an eine zentrale vatikanische Vermögensverwaltung (VAM), um künftig Doppelstrukturen in diesem Bereich mit anderen vatikanischen Institutionen zu verhindern. Wie künftig die genaue Struktur der Gremien im IOR sein wird – Kardinalskommission, Aufsichtsrat, Direktoren – ist noch nicht klar. Hier haben sich die Kardinäle in der vergangenen Woche anscheinend nicht einigen können. Auch müssen noch zwei Laien für den Aufsichtsrat benannt werden. Es scheint also noch ein wenig Tauziehen zu geben hinter den Kulissen.

IOR setzt 3000 Kunden vor die Tür

Ernst von Freyberg äußerte sich heute in verschiedenen Medien über seine Arbeit in den letzten Monaten. Dabei ließ er auch durchblicken, dass es gehörige Widerstände gab. „Manchmal hat man das Gefühl, dass sich gerade an der Kurie nicht nur die besten Köpfe, sondern auch große Intriganten tummeln.“ Laut von Freyberg haben zweifelhafte Geschäfte den Papst rund 45 Millionen Euro gekostet. Er sieht das Geldinstitut aber jetzt gut aufgestellt.

Gestern hatte das IOR erste Zahlen für das Jahr 2013 veröffentlicht. Demnach wurden im Rahmen der Säuberungsaktion bis 30.6.2014 Verbindungen zu rund 3.000 Kunden beendet. Dabei habe es sich bei rund 2.600 um nahezu inaktive Kundenbeziehungen gehandelt. In 396 sei dies anders gewesen. Da habe man die Beziehungen beendet, weil die Kunden keine Berechtigung hatten, ein Konto beim IOR zu führen. Rund 350 Kundenbeziehungen seien derzeit in der Abwicklungsphase. Etwa 200 Verdachtsmeldungen habe es an die Finanzaufsichtsbehörde gegeben. Der Nettogewinn des IOR lag 2013 nur noch bei 2,9 Millionen Euro im Vergleich zu 86,6 Millionen Euro im Vorjahr. Dies hängt mit notwendigen Abschreibungen und Wertberichtigungen im Rahmen der Säuberungsaktion zusammen. Dennoch hat das IOR auch 2013 dem Haushalt des Heiligen Stuhls eine „Dividende“ von 54 Millionen Euro ausbezahlt. Hier wurde auf Rücklagen zurückgegriffen.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.