Papstgeflüster – Das Vatikan-Blog

Interessantes und Hintergründiges aus dem Vatikan

Kommission die Zweite

Nach der Kardinalsgruppe, die eine Kurienreform vorbereiten soll, hat Papst Franziskus jetzt eine zweite Kommission eingesetzt, die über das Geschäftsgebaren der Vatikanbank „IOR“ Informationen zusammentragen soll. Ziel ist es, zu einer „besseren Harmonisierung der Vatikanbank mit den Aufgaben der universalen Kirche und des Apostolischen Stuhls“ zu kommen. Das Ganze stehe im Kontext der anstehenden Reformen der Institutionen der römischen Kurie, heißt es in einer Vatikanerklärung.

Papst Franziskus scheint den Offiziellen der Bank nicht so recht zu trauen; denn sonst hätte er ja den Chef der Vatikanbank, Ernst von Freyberg, mit dieser Aufgabe betrauen können. Der Deutsche wurde erst Anfang des Jahres von Papst Benedikt XVI. in das Amt berufen mit dem Auftrag, die Bank aus den negativen Schlagzeilen herauszuführen und für saubere sowie transparente Geschäfte zu sorgen. Auf dieses Anliegen nimmt Franziskus in seinem Ernennungsschreiben für die Kommission ausdrücklich Bezug. Er wolle auf dem Weg Benedikts fortfahren, wonach wirtschaftliche und finanzielle Aktivitäten den Prinzipien des Evangeliums entsprechen müssten. Zudem müssten die müssten die Strukturen und Instrumente der Bank den Erfordernissen der Zeit angepasst werden.

Interessant ist die Zusammensetzung der Kommission. Chef ist der langjährige Chefbibliothekar des Heiligen Stuhls Raffaele Farina (79). Weiteres Mitglied ist Kardinal Jean-Louis Tauran (70). Der französische Kurienkardinal ist im „Hauptberuf“ Chef des Päpstlichen Rats für den interreligiösen Dialog. Mehr als dieses Amt dürften ihn seine mehr als 30-jährige Erfahrung als Kurienmitarbeiter für die Aufgabe prädestiniert haben. Tauran gehört seit Jahren der Kardinalskommission für die Vatikanbank an. In dem Gremium zeigte er sich oft als kritischer Geist gegenüber der Politik von Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone. Allerdings ist Tauran viel zu sehr Diplomat, als dass er Konflikte nach außen tragen würde. Er war lange Zeit Außenminister des Vatikans. Auch wenn er in dieser Zeit eng mit dem damaligen Kardinalstaatssekretär Angelo Sodano zusammenarbeitete,  dem Vorgänger und auch Gegenspieler Bertones, ist Tauran stets ein unabhängiger Geist geblieben. Oft wird der an Parkinson leidende Franzose unterschätzt. Vor wenigen Tagen deutete er in einem Gespräch mit dem ZDF an, dass im Finanzbereich des Vatikans Veränderungen anstünden. Braucht es wirklich drei verschiedene Institutionen, die sich mit Finanzen beschäftigen, lautete damals seine Frage. Neben der Vatikanbank ist dies die Präfektur für die wirtschaftlichen Angelegenheiten und die Güterverwaltung des Apostolischen Stuhls.

Auffallend ist, dass in der IOR-Kommission gleich zwei US-Amerikaner vertreten sind. Neben dem vatikanischen Vize-Innenminister Bryan Wells (50) auch die Harvard-Professorin und ehemalige US-Botschafterin beim Heiligen Stuhl Mary Ann Glendon.  In den vergangenen Jahren war immer wieder aufgefallen, dass sich die US-amerikanischen Bischöfe sowie die mächtige Laienorganisation der Columbusritter unter ihrem Chef Carl Anderson sehr für die Finanzgeschäfte des Vatikans interessierten. Der 62-jährige Anderson ist übrigens auch Mitglied im Aufsichtsrat der Vatikanbank. Den US-Amerikanern schienen die negativen Schlagzeilen rund um die Vatikanbank und das Verwaltungschaos in der vatikanischen Kurie sehr zu missfallen. Durch geschickte Personalpolitik versuchten sie an Einblick und Einfluss zu gewinnen.

Als Koordinator der IOR-Kommission wurde der Sekretär im Päpstlichen Justizrat, Bischof Juan Ignacio Arrieta Ochoa de Chinchetru, ernannt. Während Mary Ann Glendon Expertin für Zivilrecht ist, kennt der Kurienbischof sich mit den kirchenrechtlichen Bestimmungen aus. Zudem heißt es in den letzten Tagen immer wieder, dass der Chef Arrietas, Kurienkardinal Francesco Coccopalmerio einer der Ideengeber für die anstehende Kurienreform sei.

So langsam kommt das Pontifikat von Papst Franziskus in Fahrt. Die IOR-Kommission soll schon in diesen Tagen mit der Arbeit beginnen. Auch die Mitglieder der Kardinalsgruppe zur Vorbereitung der Kurienreform hat bereits erste Hausaufgaben zu bearbeiten, um dann Anfang Oktober beim ersten offiziellen Treffen im Vatikan gut vorbereitet an die heikle Aufgabe gehen zu können.

Ein Papst gibt Vollgas!

100 Tage ist Papst Franziskus im Amt. Und wenn man seine Predigten und Ansprachen sieht, hält er die Kirche vom ersten Tag an in Atem. Besonders seine Ansprachen bei den Morgenmessen im Gästehaus Santa Marta werden mittlerweile weltweit mit großem Interesse verfolgt. Aufsehen erregte zuletzt seine Botschaft von gestern, als er vor Heuchlern und Moralisten auch innerhalb der Kirche warnte. Mit seinen Worten stellt er hohe Ansprüche an Kleriker wie Laien in der katholischen Kirche. Das schmeckt nicht jedem. Bereits vor Pfingsten war aus Kardinalskreisen zu hören: „Der soll mal weniger reden!“

Papst Franziskus lässt einen Jugendlichen im Papamobil mitfahren. (dpa/or)

Doch das Wort ist eines der wenigen Mittel, die Franziskus besitzt; vor allen Dingen, die schnell wirken und nicht zuletzt durch die modernen Kommunikationsmittel schnell Verbreitung finden. Konkrete Reformen etwa bei Strukturen oder in der Lehre sind langfristige Prozesse. Vor allem braucht Franziskus dafür Verbündete in der kirchlichen Hierarchie. Und da wird es in den nächsten Monaten spannend werden, ob er die finden wird. Er ist kein Mann der Kurie und der Apparat ist bisweilen widerspenstig. Doch haben ihn auch Kardinäle aus der Kurie gewählt. Auf ihre Unterstützung ist er angewiesen.

Auch unter den Diözesanbischöfen und – kardinälen ist er nicht sehr weit vernetzt. In seiner Zeit als Erzbischof konzentrierte er sich auf die konkrete Arbeit in seiner Erzdiözese. Daher war es für viele ja so überraschend, dass er 2005 im Konklave plötzlich den zweiten Platz hinter Joseph Ratzinger einnahm. 2007 lernte ihn dann an breites Bischofspublikum bei der CELAM-Konferenz in Aparecida kennen und auch schätzen. Als Redakteur des Schlussdokuments erwarb er sich hohes Ansehen. Zumindest in Lateinamerika dürfte er damit viele Verbündete haben. „Lassen wir ihn nicht allein“, forderte der Mainzer Kardinal Karl Lehmann nach der Wahl. Franziskus wird viel Unterstützung brauchen, um die Reformen umzusetzen, die von ihm erwartet werden. Er braucht Mitarbeiter, die seine Impulse, die in den Ansprachen stecken, auch umsetzen.

P.S. Heute Abend gibt es die 100-Tage-Bilanz in Filmform im ZDF ab 23.15 Uhr. Auf papst.zdf.de gibt es dazu ausführliche Informationen, darunter Interviews mit Kardinal Reinhard Marx und dem Journalisten Joachim Frank.

Woche der Bilanzen

Am Freitag ist Papst Franziskus 100 Tage im Amt. Anlass für viele, eine erste Bilanz zu ziehen. Es ist viel vom Stilwechsel die Rede, von einer neuen Bescheidenheit und Einfachheit, von der „armen Kirche an der Seite der Armen“. In den ersten 100 Tagen gab es viele Worte des neuen Papstes. Für große Veränderungen in Vatikan und Kirche sind 100 Tage natürlich zu kurz. Da dürfet es bei der ersten Jahresbilanz sicher mehr zu berichten geben. Dennoch sind erste Ansätze natürlich erkennbar. Dazu mehr in dieser Woche hier im Blog. Heute nur der kurze Hinweis auf den ARTE-Themen-Abend Papst ab 20.15 Uhr. Dort gibt es zunächst einen Film über Benedikt XVI.. Ab 21.15 Uhr dann der Film „100 Tage Franziskus – ein Papst verändert die Kirche“. Das ist eine Koproduktion von ARTE und ZDF. Im ZDF läuft der Film am kommenden Donnerstag um 23.15 Uhr.

Homo-Lobby und Korruption

Papst Franziskus spricht Klartext. Das konnte man in den ersten drei Monaten immer wieder erleben. Er geißelt das Finanzsystem, wettert gegen zuviel Bürokratie und Karrierismus in der katholischen Kirche. Immer wieder weicht er vom Redemanuskript ab, was nicht selten die Prälaten in der Kurie ins Schwitzen bringt. Berüchtigt sind bereits seine Predigten bei der Morgenmesse im Vatikanischen Gästehaus Santa Marta. Ob er dabei gerne mal eine „Babysitter-Kirche“ kritisiert oder erklärt, Petrus habe auch kein Konto gehabt. Mit großer Spannung erwarten die Journalisten täglich die wenigen Zeilen, die von seiner Morgenansprache veröffentlicht werden.

Indiskretionen bereiten dem Papst Sorgen. (dpa)

Schon seit Wochen kursieren im Internet immer wieder auch Details aus Privatgesprächen von Papst Franziskus – etwa mit Bischöfen bei deren Ad-Limina-Besuchen. Da soll er über eine mögliche Kurienreform erzählt haben, dass er künftig die Vatikanverwaltung von einem Dreiergremium führen lassen will; andere berichten von Aussagen über den päpstlichen Zeremonienmeister Guido Marini. Italienische Blogger zitierten einen italienischen Bischof, gegenüber dem der Papst gesagt haben soll, er wolle Marini nicht austauschen. Schließlich lerne er, der Papst, viel von Marini und hoffe, dass dieser wiederum viel von ihm lerne. Den Wahrheitsgehalt solcher Indiskretionen aus Privataudienzen des Papstes kann man nur schwer nachprüfen. Der Vatikan äußert sich grundsätzlich nicht zu solchen Dingen.

Das gilt auch für die Nachrichten, die heute wie eine Bombe eingeschlagen sind. Franziskus soll bei einem Treffen mit dem Vorstand des Verbands lateinamerikanischer Ordensleute über eine Homolobby und Korruption im Vatikan gesprochen haben. Eine chilenische Internetseite zitiert aus einem Gedächtnisprotokoll eines Teilnehmers der Audienz. Demnach habe Franziskus gesagt: „Es ist die Rede von einer Gay-Lobby, und es ist wahr, sie ist da … Wir müssen sehen, was wir tun können.“ Weiter habe er gesagt: „In der Kurie gibt es heilige Menschen, wirklich; aber auch ein Netzwerk der Korruption.“ Der Vorstand des Ordensverbands teilte heute umgehend mit, dass die wiedergegebenen Äußerungen nicht im wörtlichen Sinn dem Papst zugeschrieben werden könnten, sondern nur im Allgemeinen.

Das ändert nichts an der Tatsache, dass der Papst in dem wiedergegebenen Sinn darüber gesprochen haben dürfte. Damit ist auch zunächst nichts Neues gesagt. Denn dass es im Vatikan Korruption gibt, ist seit langem bekannt. Auch über homosexuelle Netzwerke wird seit Jahren spekuliert. Neue Nahrung bekamen diese Spekulationen im Zusammenhang mit der Vatileaks-Affäre im vergangenen Jahr. Im Dezember hatten drei Kardinäle, die Papst Benedikt XVI. mit internen Ermittlungen beauftragt hatte, dem Pontifex einen mehrere Hundert Seiten umfassenden Bericht übergeben. Darin soll es auch um Homonetzwerke gegangen sein. Der Bericht wurde nie veröffentlicht. Benedikt XVI. verfügte, dass nur sein Nachfolger diesen Bericht einsehen dürfe, nicht aber die Kardinäle im Vorkonklave.

Die neuen Spekulationen heute zeigen einmal mehr, dass der Vatikan gut daran täte, auch bezüglich des Vatileaks-Skandals endlich mehr Transparenz walten zu lassen. Allein mit dem Prozess gegen Papst-Butler Paolo Gabriele vom Herbst vergangenen Jahres, lässt sich die Geschichte nicht aus der Welt schaffen. Franziskus wurde von vielen Kardinälen auch gewählt, damit er aufräumt und alte Seilschaften zerschlägt – ob nun Homo- oder Hetero-Lobby oder in welchen Konstellationen auch immer.

Doch da tut sich Franziskus mitunter schwer und er kennt seine Grenzen. Das geht auch aus den jetzt veröffentlichten angeblichen Aussagen des Papstes bei dem Treffen am 6. Juni hervor. Die Reform der Kurie könne nicht er machen; denn Verwaltungssachen seien nicht sein Ding. Deshalb habe er das 8er-Gremium der Kardinäle eingesetzt mit erfahrenen Verwaltungsleuten wie den Kardinälen Rodriguez Maradiaga, Errázuriz Ossa und Marx.

Wenn das Gespräch mit den Ordensoberen so stattgefunden hat, wie es in dem nachträglich angefertigten internen Protokoll berichtet wird, zeigt das, dass Franziskus offen spricht mit seinen Gesprächspartnern. Es zeigt aber auch die Gefahren dieser Offenheit. Umgekehrt würde der Inhalt nicht zu solch reißerischen Überschriften führen, wenn der Vatikan offen auch mit seinen internen Problemen umgehen würde.

Die Messe erleben lernen

Mit einem Gottesdienst im RheinEnergieStadion, den das ZDF übertragen hat, endete heute der Nationale Eucharistische Kongress in Köln. Der Traum mancher Katholiken, dass der Papst selbst kommen würde, hat sich nicht erfüllt, das war relativ schnell klar. Aber immerhin hat Franziskus den deutschen Kurienkardinal Paul Josef Cordes als seinen Delegaten geschickt mit einer Botschaft. Er forderte die Menschen auf, die Heilige Messe nicht zur Routine verkümmern zu lassen, sondern ihre Tiefe immer besser auszuschöpfen. Mit einem Zitat von Johannes Paul II. mahnte der Papst, „Die heilige Messe erleben lernen!“  Der Empfang des Bußsakraments und das anbetende Verweilen vor dem eucharistischen Herrn im Tabernakel könnten dazu hinführen.

Wenn von den 45.000 Teilnehmern, die die Veranstalter angaben, nur 20.000 die Abschlussmesse besuchten – die leeren Plätze im Stadion waren nicht zu übersehen – dann scheint das zu zeigen, dass die päpstliche Mahnung nicht unbegründet ist. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass z. B. die Schüler für den Donnerstag angereist waren, die Ordensleute am Freitag und die Jugendlichen dann erst für das Wochenende. Für die Bischofskonferenz und insbesondere die gastgebende Erzdiözese Köln waren die fünf Kongresstage auf alle Fälle ein Erfolg, die gute Stimmung, das Interesse der Menschen, die vielen Gespräche und die geistlichen Impulse seien wertvoll und prägend gewesen. Ob es Nachfolgeveranstaltungen geben wird, wollte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, zunächst offen lassen. Aber dass in den Gemeinden das Thema „Eucharistische Anbetung“ wieder stärker in den Mittelpunkt rücken soll, das sei ein Ergebnis der Kölner Tage. Kardinal Meisner hat seinem Domkapitel schon angekündigt, dass er eine 24-stündige Öffnung der Sakramentskapelle im Dom durchsetzen möchte.

 

PS: Wer den Gottesdienst noch einmal ansehen möchte, findet ihn in der Mediathek: http://www.zdf.de/ZDFmediathek#/beitrag/video/1914336/Kath-Gottesdienst-aus-K%C3%B6ln

PPS: Im übrigen übertrifft Papst Franziskus bei seiner Unterschrift den schon winzigen Namenszug von Benedikt XVI. noch an Bescheidenheit. Ohne irgendwelche Zusätze unterschreibt er die Botschaft nur mt Franziskus.

Die Unterschrift des Papstes

Die Unterschrift des Papstes

 

Das etwas andere Katholikenfest

Seit Mittwoch findet in Köln der Nationale Eucharistische Kongress statt. Ein Fest des Glaubens soll es sein, passend zum Jahr des Glaubens. Der – durchaus gewollte –Vergleich zu Katholikentagen oder dem Weltjugendtag drängt sich in der Fülle der Veranstaltungen auf. Das Programmheft weist ca. 800 Veranstaltungen auf, davon ein reichhaltiges Kulturprogramm. Dennoch sind die Inhalte stärker theologisch ausgerichtet und weniger gesellschaftlich brisant. Mit ihren Katechesen versuchen die Bischöfe, die Grundaussagen des Glaubens stärker zu profilieren.

Am Stand des Erzbistums Berlin wurde das eucharistische Symbol des Brotes ganz sinnenfällig: Brot wurde verteilt – und die dafür erbetenen Spenden werden den Opfern der Flutkatastrophe zugewandt.

Brote mit Kreuz in der Mitte

Im Zeichen des Brotes - Eucharistischer Kongress

Auffallend ist, dass mehrere Oberhirten die Gläubigen bestärken, sich mit einem Leben in der Minderheit zu arrangieren. So meinte Kardinal Reinhard Marx aus München, dass man die Menschen nicht zum Glauben zwingen könne und niedrigschwellige Angebote machen müsse. Und Kardinal Rainer Maria Woelki aus Berlin sagte, ein Außenseitertum sei kein Grund zur Entmutigung. Kurienkardinal Walter Kasper betonte, zur Geschichte der Kirche gehöre das Leben in der Krise und als Minderheit dazu.

Das ist eine Erkenntnis, die in dieser Deutlichkeit bisher nicht aus dem Munde deutscher Bischöfe zu vernehmen war. Und auch bei der Schlussfolgerung, sich nicht im Elfenbeinturm zu verschanzen, sondern mutig und selbstbewusst die Botschaft des Evangeliums an die Ränder der Gesellschaft zu bringen, fühlt man sich an viele Worte von Papst Franziskus erinnert. Der neue römische Stil färbt anscheinend doch ein wenig ab.

Johannes XXIII.

Ein kurzer Zwischenruf an einem denkwürdigen Tag. Heute vor 50 Jahren starb der selige Papst Johannes XXIII. im Alter von 81 Jahren. In die Trauer mischte sich damals die Sorge, wie es mit dem II. Vatikanischen Konzil weitergehen werde. Hoffnungsvoll war man im Oktober 1962 in diese bedeutendste Bischofsversammlung der Neuzeit gestartet, die Papa Roncalli Anfang 1959 nur wenige Monate nach seiner Wahl zum Papst überraschend angekündigt hatte. Er wollte die Kirche damit in die Moderne führen. Erleichtert war man, als sein Nachfolger Paul VI. erklärte, dass er das Konzil fortsetzen wolle.

Grabmal des seligen Johannes XXIII. im Petersdom

Papst Franziskus würdigte heute Abend bei einer Begegnung mit Pilgern aus Bergamo, dem Heimatbistum Roncallis,  den Seligen als Mann des Friedens und des Gehorsams. Die Einberufung des Konzils, das ein „Meilenstein in der Geschichte der katholischen Kirche im 20. Jahrhundert gewesen sei“, bezeichnete Franziskus als „prophetische Intuition“. Johannes XXIII. habe eine große Liebe zur Tradition der Kirche ausgezeichnet und gleichzeitig auch das Wissen um die fortdauernde Erneuerungswürdigkeit der Kirche.

Johannes XXIII. hat mit dem Konzil einen Prozess angestoßen, der bis heute nicht abgeschlossen ist. Noch immer ringt die katholische Kirche um den rechten Weg in der modernen Gesellschaft. Teils nimmt diese Auseinandersetzung kämpferische Züge an, wie man an den vielen internen Streitereien um die richtige Deutung des Konzils ablesen kann – und nicht zuletzt an den Diskussionen um die Versöhnungsgeste Benedikts XVI. in Richtung der traditionalistischen Piusbruderschaft. Um die ist es übrigens seit Beginn des Pontifikats von Papst Franziskus still geworden. Der Stil des neuen Papstes dürfte wohl so gar nicht auf der Linie der Piusbrüder liegen. Und bei den Themen, die die Traditionalisten am Konzil mit am meisten kritisieren wie Ökumene, interreligiöser Dialog und Religionsfreiheit, liegt Franziskus ganz klar auf Konzilslinie.

Wer mehr über das Konzil erfahren möchte, dem sei unser ZDF-Film zum Jubiläum der Eröffnung des II. Vatikanischen Konzils vom Herbst vergangenen Jahres empfohlen!

http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/1777974/Revolution-im-Vatikan#/beitrag/video/1777974/Revolution-im-Vatikan

Zwischen Friedensappell und Bankmillionen

Papst Franziskus leitete gestern am späten Nachmittag im Petersdom eine Eucharistische Anbetung, die zeitgleich nach Vatikanangaben in über 70 Ländern gefeiert wurde. Das Vatikanfernsehen stellte Live-Bilder aus dem Petersdom zur Verfügung, die teilweise in die Kirchen und Kathedralen rund um den Globus übertragen wurden. Die ganze Aktion stand unter dem Thema „Ein einziger Herr, ein einziger Glaube“ und war Teil des Jahrs des Glaubens, das Papst Benedikt XVI. für 2013 ausgerufen hatte.

Papst Franziskus erteilt den Segen.

Obwohl es sich bei dem Ereignis um eine zutiefst spirituelle Zeremonie handelt, gab Papst Franziskus dem Ganzen doch eine durchaus politische Note. Er ließ vorab verkünden, dass das Gebet denen in der Welt gewidmet sei, die unter neuen Formen der Sklaverei leiden, – auch in der Arbeitswelt – den Opfern von Krieg, Menschen- und Drogenhandel sowie den Kindern und Frauen, die unter Gewalt litten. Auch wenn Papst Franziskus bei der einstündigen Zeremonie selbst das Wort nicht ergriff, die Intention der Veranstaltung war klar.

Schon beim Mittagesgebet wurde Franziskus ungewöhnlich politisch. „Alles geht verloren mit dem Krieg. Alles gewinnt man mit Frieden.“ So lautete seine Botschaft, die von den mehreren zehntausend Menschen auf dem Petersplatz mit lang anhaltendem Applaus erwidert wurde. Er griff dabei ein Wort seines Vorgängers Papst Paul VI. bei dessen Rede vor der UN-Vollversammlung 1965 auf. Franziskus forderte ein Ende der Gewalt in Syrien; lobte zugleich Zeichen der Hoffnung in Lateinamerika, wo es in jüngster Zeit Schritte in Richtung Frieden und Versöhnung gebe. Auch wenn Franziskus Kolumbien nicht eigens erwähnte, dürften seine ermutigenden Worte auf die Fortschritte in den Verhandlungen zwischen den linksgerichteten Rebellen FARC und der Regiering in Bogota anspielen.

Am Morgen hatte der Papst mit Eltern von in Friedensmissionen getöteten Soldaten sowie im Friedenseinsatz Verwundeten die Morgenmesse im vatikanischen Gästehaus Santa Marta gefeiert. Dabei bezeichnete er Krieg als „Irrsinn“, als „Selbstmord der Menschheit und der Menschlichkeit“.  Der Krieg sei ein „Glaubensbekenntnis an das Geld, an die Götzen, die Götzen des Hasses, jene Götzen, die dich dazu bringen, deinen Bruder zu töten und letztlich die Liebe. Anlass für den Gottesdienst war der italienische Nationalfeiertag am 2. Juni begangen wird.

Unterdessen hat in dieser Woche die Vatikanbank IOR eine Informationsoffensive gestartet. Ausgewählten Medien hatte der deutsche Chef der Bank, Ernst von Freyberg, Interviews gegeben. Darin kündigt er an, dass künftig die Geschäfte des „Instituts für religiöse Werke“, so der offizielle Titel der Bank, transparenter gestaltet werden sollen. Außerdem sollen die Geldwäscher unter den Kunden aussortiert werden. Bis zum Sommer möchte die Bank demnach alle Anforderungen der vatikanischen Finanzaufsicht AIF sowie internationaler Finanzregeln erfüllen. Von Freyberg war im Frühjahr von Papst Benedikt XVI. mit dem Auftrag ernannt worden, die Bank auf einen „sauberen Kurs“ zu bringen. Von Freyberg spricht jetzt von „Null Toleranz“ gegenüber Geldwäschern und Finanzkriminalität.

Im Oktober will er im Internet erstmals einen Geschäftsbericht veröffentlichen. Da darf man gespannt sein. Immerhin verriet von Freyberg, dass die Bank 114 Mitarbeiter hat. Sie verwaltet rund 6,3 Milliarden Euro auf den 18.900 Konten von Orden, Bistümern, religiösen Institutionen und Privatleuten. Der aktuelle Gewinn der Bank in Höhe von 86,6 Millionen Euro stehe Papst Franziskus zur freien Verfügung. In der Vergangenheit wurde das Geld für soziale Zwecke sowie zur Unterstützung Kirchen in den Ländern des Südens eingesetzt. Goldreserven hat das Institut übrigens im Wert von 36 Millionen Euro bei der US-Notenbank deponiert.