Habemus Papam: Papst Franziskus

Am Ende war es dann doch eine Sensation. Der Name des Erzbischofs von Buenos Aires, Jorge Mario Bergoglio, wurde in den letzten Tagen immer nur am Rande der Papabile-Spekulationen genannt. Zu alt sei er, sein Handeln während der argentinischen Militärdiktatur werfe Fragen auf und zudem sei er ja beim letzten Konklave 2005 dem damaligen Papst Benedikt XVI. unterlegen. Doch es kam ganz anders. Fünf Wahlgänge haben die Kardinäle „nur“ gebraucht. Dafür, dass es vor dem Konklave immer hieß, es gebe keinen Favoriten, ging es am Ende dann doch schnell. Die nächsten Monate werden zeigen, wie es dazu kam. Natürlich gilt das Konklavegeheimnis – aber dennoch ist es wahrscheinlich, dass mit der Zeit das ein oder andere Detail öffentlich werden wird.

Kardinal Jorge Maria Bergoglio - jetzt Papst Franziskus

Doch zunächst muss die Entscheidung etwas sacken. Erst langsam wird man begreifen, was diese Wahl bedeutet. Denn der Gegenkandidat Ratzingers von 2005 hat 2013 gesiegt, nachdem sich Benedikt XVI. aus Altersgründen zurückgezogen hat. War die Kirche damals noch nicht reif für einen Papst Franziskus? Was war dieses Mal anders, dass man ihn gewählt hat? Sicher ist, seine Ansprache beim Vorkonklave am vergangenen Freitag hat viele Kardinäle beeindruckt. Dazu kommt bei ihm die Mischung aus Bescheidenheit und Entschlossenheit. Mit Papst Franziskus dürfte keine triumphale Kirche zu machen sein. Man darf gespannt sein, wie sich das etwa auf die äußerlichen Zeichen auswirken wird. Franziskus ist heute bei seinem ersten Auftritt ohne rote Mozzetta auf die Loggia des Petersdoms gekommen; anders als Benedikt XVI. vor knapp acht Jahren. Auch hatte er das Heft in der Hand bei seiner kurzen Ansprache. So ließ er es sich nicht nehmen, nach dem Segen noch einige Worte an die Gläubigen zu richten.

Es waren keine großen pragmatischen Worte; doch es dürfte schon etwas von dem durchgeklungen sein, was die Menschen in den nächsten Jahren erwartet. Zunächst das Gebet für den Vorgänger, über 100.000 Menschen beten gemeinsam das Vater unser. Dann ruft er die Menge zum Gebet für sich auf, verneigt sich tief und – es herrscht plötzlich Stille auf dem Platz. Gänsehautfeeling. Franziskus hatte nicht nur die Herren auf dem Balkon im Griff, sondern sofort auch die versammelte Menge. Sein Ton: verbindlich. Er machte deutlich, dass es ihm um „einen Weg der Brüderlichkeit, der Liebe, des gegenseitigen Vertrauens geht“. Die Kirche von Rom führe den „Vorsitz in der Liebe gegenüber allen Kirchen“. Ein Weg von „Bischof und Volk“ beginne jetzt. Interessant ist übrigens, dass entgegen des Protokolls der Kardinalvikar der Stadt Rom sowie ein Franziskanerkardinal neben dem neuen Papst auf der Loggia standen. Erste Zeichen. Wie auch die Wahl des Fortbewegungsmittels nach der Wahl. Statt der bereitgestellten Limousine nimmt er zusammen mit den Kardinälen den Bus.

Die nächsten Tage und Wochen werden spannend. Schon am ersten Abend gab es symbolhafte Gesten des neuen Papstes. Sei deuten darauf hin, dass das kommende Pontifikat anders werden wird als das letzte. Mit dem ersten Lateinamerikaner auf dem Stuhl Petri wird sich das Gesicht der Kirche verändern. Auf den Spuren des Heiligen von Assisi wird Papst Franziskus eine Erneuerung der Kirche angehen. Sein Papstname und seine Herkunft als Jesuit werden sein Handeln prägen. Sie lassen darauf schließen, dass er sein Werk bescheiden, aber entschlossen umsetzen wird.

P.S. Hier noch ein kurzes Porträt des neuen Papstes – mehr dann in den nächsten Tagen.

Jorge Mario Bergoglio wurde 1936 als eines von fünf Kindern italienischer Einwanderer in Buenos Aires geboren. Nach dem Diplom als Chemieingenieur entschied er sich, Priester zu werden und trat in den Jesuitenorden ein. Schnell wurde er oberster Jesuit Argentiniens. In seine Amtszeit fiel auch die argentinische Militärdiktatur. Ordensbrüder warfen ihm später vor, er habe sie nicht vor Übergriffen der Machthaber geschützt. Seit 1998 war Bergoglio Erzbischof von Buenos Aires. Er ist ein typischer Vertreter der kirchlichen Hierarchie in Lateinamerika – sozial engagiert, theologisch aber konservativ. Er liebt nicht die großen Auftritte, gilt als wortkarg und medienscheu. Zur Tagespolitik hält er möglichst Distanz. Trotzdem geißelt er mit klaren Worten soziale Ungerechtigkeit und Korruption. Man nennt ihn auch den „Kardinal der Armen“; er besucht Gefängnisse und Armenviertel. Sein persönlicher Lebensstil gilt als prophetisch: bescheiden, volksnah, ökologisch. Er verzichtet auf bischöflichen Prunk. Bergoglio ist am Puls der Zeit; nutzt die modernen Medien, um seine Botschaft unters Volk zu bringen – mit einem eigenen Kirchenfernsehen und Twitter. Sein Biorgraf, Sergio Rubin bezeichnet ihn als moderaten Bischof mit einer modernen Vision der Kirche. In Rom ist der Jesuit ein gefragter Mann. Bergoglio ist seit Jahren Mitglied in wichtigen Ministerien – etwa für Liturgie, Orden und Familie. Im Vorfeld der Wahl wurde mit seiner Person vor allem die Hoffnung verbunden, eine Reform der Kurie durchzuführen. Jorge Mario Bergoglio, ein stiller, aber effizienter Arbeiter – der Nachfolger Benedikts XVI. als Oberhaupt der katholischen Kirche.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.